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Potsdam: Von der Armee-Sauna zur Fontane-Bibliothek

Die Villa Quandt wird nach umfangreicher Sanierung neues Archiv-Domizil. Die 3,2 Millionen teure Sanierung des Kleinods zwischen den Unesco-Weltkulturerbestätten Pfingstberg und Neuer Garten ist gesichert.

Potsdam - Das geflieste Sauna-Tauchbecken im Kellergeschoß zeugt von der wechselvollen Nutzungsgeschichte der fast 200 Jahre alten, ruinösen Villa Quandt unterhalb des Potsdamer Pfingstberges. Wo noch bis 1993 russische Offiziere ihre Dampfbäder nahmen, werden ab spätestens 2008 die Original-Handschriften Theodor Fontanes klimasichere Verwahrung finden. Brandenburgs Kulturministerin Johanna Wanka (CDU) machte mit der Übergabe des Zuwendungsbescheides vor Ort an die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten den Weg für die Bauarbeiten frei. Dies gewissermaßen in letzter Minute.

Die Mittel in Höhe von 1,6 Millionen Euro kommen vom Bund, dem Land sowie aus dem EU-Förderprogramm zur Regionalentwicklung (EFRE), das Ende diesen Jahres ausläuft. Komplettiert wird die Bausumme durch das erneute Engagement der Hamburger Hermann Reemtsma Stiftung, die durch die Instandsetzung des Pfingstberg-Belvederes sowie des benachbarten Pomona-Tempels vor Jahren eine Initialzündung für die Wiederherstellung des einmaligen Architektur- und Landschafts-Ensembles in diesem Teil Potsdams gegeben hatte. "Es ist sehr befriedigend zu sehen, dass wir mit unserem Einsatz ein Projekt diesen Ausmaßes in Gang setzen konnten", sagte Geschäftsführer Jochen Münnich von der Reemtsma-Stiftung.

Mehr als 20.000 Originaldokumente

Auch für das Potsdamer Fontane-Archiv, das zur Zeit noch beengt in einem Holländerhaus in der Innenstadt beheimatet ist, kommt die Rettung genau zur richtigen Zeit. Die mehr als 20.000 Originaldokumente und Bücher zur Fontane-Forschung werden künftig erstmals zusammen an einem Ort in einer zweigeschossigen Bibliothek sowie in Tresoren im Keller der Villa aufbewahrt werden können. Da im jetzigen Domizil "der Keller stark sanierungsbedürftig" sei, hätten ein Teil der Bestände "ausgelagert werden müssen", sagte Archiv-Mitarbeiterin Petra Kuhnau. Als zweiter Mieter wird in der 600 Quadratmeter großen Villa das Brandenburgische Literaturbüro eine neue Adresse finden.

Durch die Sanierung werde das Gebäude sein Aussehen aus den 30er Jahren mit einer ockergelben Fassade und dunkelgrünen Fensterläden zurück erhalten, so Stiftungsbaudirektor Alfons Schmidt bei einem Rundgang durch das entkernte Haus. Allein der Sauna-Bereich der Sowjetarmee bleibe als Zeugnis "aus einer problematischen Zeit" erhalten, ergänzte Stiftungs-Generaldirektor Hartmut Dorgerloh.

Lazarett für preußische Armee

Um 1850 wurde die Villa schon einmal militärisch genutzt. Sie diente als Wohnsitz für Beamte der preußischen Armee und zwischenzeitlich als Lazarett. Seinen jetzigen Namen erhielt das Gebäude 1833, als Kriegsrätin Ulrike Augusta von Quandt das Anwesen mit dem 4000 Quadratmeter großen Gartenstück erwarb. Wenige Jahre später ging alles in den königlichen Besitz von Friedrich Wilhelm IV. über. Etwa 70 Jahre später zog Prinz Oskar von Preußen, Sohn Kaisers Wilhelm II., dort mit seiner Gemahlin ein. Er erweiterte das Gebäude 1930/31 um zwei Seitenflügel - im Nordflügel wird künftig über dem Tauchbecken die Fontane-Bibliothek eingerichtet.

Bereits zum zweiten Mal in dieser Woche war Ministerin Wanka zugegen, als im ehemaligen "KGB-Städtchen" an der Großen Weinmeisterstraße Spenden für den Erhalt zeitgeschichtlich wichtiger Gebäude übergeben wurden. Erst am Dienstag hatte die Ostdeutsche Sparkassenstiftung sich finanziell für den Erhalt des ehemaligen KGB-Gefängnisses an der nahe gelegenen Leistikowstraße eingesetzt.

Der einzige Sanierungsfall in diesem Areal bleibt vorerst die Villa Schlieffen in Sichtweite der Villa Quandt. Als Eigentümer hat die Schlösser-Stiftung bislang noch keine Restaurierungspläne für das etwa 400 Quadratmeter große Haus. Die "relativ kleine Nutzfläche" sowie "die im Bebauungsplan der Stadt vorgeschriebene kulturelle Nutzung" erschwere es, einen Investor und geeigneten Nutzer zu finden, bedauerte Dorgerloh. (tso/ddp)

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