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David Wagner, 41, in Leipzig. Der Autor wird für sein Buch "Leben" ausgezeichnet. Er schreibt auch für den Tagesspiegel.

© dpa

Preis der Leipziger Buchmesse für David Wagner: "Leben" gewinnt

David Wagner erhält den Preis der Leipziger Buchmesse in der Sparte Belletristik für seinen Roman "Leben". Den eigentlichen Preis habe er aber schon längst bekommen, findet der Autor.

Doch, natürlich, auch David Wagner will ein paar Dankesworte sprechen, als ihn der Juryvorsitzende Hubert Winkels an diesem bitterkalten, aber sonnenklaren Nachmittag auf die Bühne im Glashaus der Messehallen bittet und fragt: „David, willst du auch was sagen?“ Gerade ist verkündet worden, dass er für sein Buch „Leben“ den Preis der Leipziger Buchmesse in der Kategorie Belletristik bekommt, und Wagner sagt dann einen Satz, der eine Preisverleihung wie diese schön relativiert und wie einen Kindergeburtstag aussehen lässt: „Den wichtigsten Preis habe ich natürlich schon lange bevor bekommen, deshalb stehe ich überhaupt hier“. Er meint damit seine neue Leber, die ihm vor ein paar Jahren transplantiert wurde und ihm ein Weiterleben erst ermöglicht hat. In „Leben“ erzählt Wagner die Geschichte dieser Transplantation.

„Leben“ ist ein sehr privates Buch, aber auch höchst kunstvoll arrangiert und durchsetzt mit Kindheitserinnerungen, Reflexionen über das imaginäre Spendergegenüber und den Geschichten von Wagners Mitpatienten. Damit war er haushoher Favorit für den Belletristik-Preis, wenngleich die Jury allein durch die Auswahl der anderen Romane ihre Unberechenbarkeit demonstriert hatte. Zwei ordentliche Familienromane und zwei ordentliche Milieugeschichten waren in der Belletristik noch nominiert worden. Ernsthafte Konkurrenz aber wäre Wagner wohl eher durch Ernst-Wilhelm Händlers „Der Überlebende“, Eva Menasses „Quasikristalle“ oder Rainer Merkels „Bo“ entstanden – allesamt außerordentliche Romane des Frühjahrs.

So wie bei Wagner, der regelmäßig im Tagesspiegel schreibt, entschied sich die Jury auch in der Kategorie Übersetzung für das Naheliegendste: für Eva Hesse erstmals vollständige Übersetzung von Ezra Pounds „Cantos“. Eine handfeste Überraschung dagegen war die Verleihung des Sachbuchpreises an Helmut Böttiger für sein Buch „Die Gruppe 47. Als die deutsche Literatur Geschichte schrieb“. Böttiger hat ein verdienstvolles, gut lesbares, unbedingt rühmenswertes Buch geschrieben; die Geschichte aber, die der Untertitel verkündet, ist vor allem Literatur- und Literaturbetriebsgeschichte, nicht so sehr eine Gesellschaftsgeschichte. Insofern hätte man hier eher Götz Alys Buch „Die Belasteten“ über die Euthanasiemorde der Nazis vorn gesehen – oder Wolfgang Streecks „Gekaufte Zeit“ über die „vertagte Krise des demokratischen Kapitalismus“. Vielleicht aber hat man sich beim Preis der Leipziger Buchmesse auch verabschiedet von dem Gedanken, mit der Auszeichnung bestimmter Bücher auch politische Signale aussenden zu wollen.

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