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Kultur: Proleten, breitbeinig

Katharina Wagners „Holländer“-Regiedebüt in Würzburg

Man möchte das Mädchen trösten. Die Katharina einfach bei der Hand nehmen und ihr Dinge sagen wie „Hör mal, Tante Inge ist auch beim ersten Mal durchs Abi gerasselt“. Denn Katharina Wagner ist durchgefallen, und zwar so gründlich, dass selbst die treue Wagnergemeinde, die zur Galapremiere von Katis „Fliegendem Holländer“ ins sonst nicht gerade mit viel Aufmerksamkeit bedachte Würzburger Mainfranken-Theater gekommen war, die 24-Jährige für den Frevel an Uropas Werk gründlich abgestraft hat.

Viel war über das Regiedebüt von Wolfgang Wagners Jüngster spekuliert worden. Angesichts des zerstrittenen Wagner-Clans war die kleine Kati schon zur Bayreuther Kronprinzessin und möglichen Regisseurin des nächsten Festspiel-„Tristan“ ausgerufen worden. Ein immenser Druck, der die Erwartungen an diesen „Holländer“ ins Ungerecht-Unermessliche hochschraubte: Dass die Wagner-Gene und ein bisschen Studium zum Regie-Beruf reichen würden, hätte eigentlich niemand erwarten dürfen.

So viel an Naivität und Ungeschick allerdings auch nicht: Katharina Wagners Grundidee, den „Holländer“ zu einer Geschichte über Ausländerfeindlichkeit zu machen, ist zwar moralisch lobenswert, in ihrer zwanghaften Aktualisierung aber genau die Art von Theater, die bei eingefleischten Wagnerianern sofort Buh-Reflexe auslöst. Zur Geschichte nur so viel: Der arme Holländer (Ralf Lukas als sängerischer Lichtblick des Abends), eine Gestalt irgendwo zwischen Ewigem Juden und verfolgtem Intellektuellen, braucht dringend einen Pass und bleiberechtshalber auch einen Trauschein. Er gerät in die Fänge des Kriminellen Daland, der ihm seine mollige, auf türkisch gestylte Tochter (mit kräftiger Wagner-Röhre: Joneva Kaylen) andreht, die wiederum vom hilflos brutalen Wachmann Erik nur geprügelt wird. Das geht natürlich nicht gut, und am Ende wird der Holländer von Dalands Neonazi-Crew niedergeknüppelt, während Senta erfolglos versucht, sich mit einem Brotmesser die Pulsadern aufzuschneiden.

Eine krude Story, die zwar verrät, dass Katharina während ihrer Studienzeit in Berlin nicht nur bei Harry Kupfer hospitiert, sondern auch mal in der Volksbühne vorbeigeschaut hat, die aber diesen „Holländer“ bald auf Grund laufen lässt. Denn zwischen Holzhammer-Symbolik und aufgesetzter Bedeutungsschwere geht die Geschichte selber baden. Weder hört Katharina Wagner auf die dramatischen Schnittstellen der Musik, noch weiß sie, wie sie mit Darstellern umgehen soll: Angesichts von Dalands breitbeinig überzogenem Proletentum etwa sind selbst die Karl-May-Festspiele in Bad Segeberg ein Highlight subtiler Darstellungskunst. Der Rest ist Stadttheater mit all seinen Alltäglichkeiten – und einer Überraschung: Würzburgs junger Chefdirigent Daniel Klajner spielt Wagner mit Scharfblick und suggestivem Klangsinn. Er zeigt, dass es sich lohnen kann, nach Würzburg zu fahren. Auch ohne Wagner. Jörg Königsdorf

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