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Kultur: Prominente bewundern

Die "Gewalt des Augenblicks" sagt zwar viel über die Kühnheit und das Talent des Fotografen aus, die flüchtige Welt in die Paranthese der Ewigkeit zu zwingen, doch nichts über seinen augenblicklichen Seinszustand.Ha!

Von David Ensikat

Die "Gewalt des Augenblicks" sagt zwar viel über die Kühnheit und das Talent des Fotografen aus, die flüchtige Welt in die Paranthese der Ewigkeit zu zwingen, doch nichts über seinen augenblicklichen Seinszustand.

Ha! So was haben Sie an dieser Stelle noch nicht gelesen, was? Ist auch nicht von mir, ist von Thomas Knauf. Dessen Name jedenfalls steht unter dem Text, der noch viel mehr so schöne Sätze enthält, und der an der Wand einer schnieken Mitte-Galerie hängt. An den anderen Wänden der Galerie hängen lustige Bilder mit ernst guckenden Prominenten. Lustig werden die Bilder durch den Fotografen. Der hat sich neben die Prominenten ins Bild gestellt und sieht sehr - na ja: unprominent aus. Er ist eher klein, hat einen schütteren Haarkranz, geht in den Hüften ein bisschen auseinander, und zumeist hat er diesen Huhu-ich-bin-im-Fernsehen-Blick der Studio-Zuschauer, die sich nichts Schöneres vorstellen können, als einmal bei Thomas Gottschalk Saalwettkandidat zu sein.

André Rival heißt der Fotograf, André Rival heißt auch die Ausstellung, und die Prominenten heißen Helmut Kohl oder Anke Engelke oder Alfred Biolek (es sind auch viele schöne Frauen dabei, die so dünn sind, dass man sie wohl "Supermodels" nennt - neben ihnen jedenfalls wirkt der Herr Rival besonders unsuper).

Nun kann man die Bilder putzig finden - oder man kann lange über sie nachdenken. Thomas Knauf hat das wohl getan, jedenfalls ist sein Text zu den Bildern sehr lang, und er macht auch einen sehr klugen Eindruck ("Die Fotografie ist das Medium der Kontemplation im Zeitalter der Beschleunigung, Film und Video ihre nervösen Kinder").

Man erfährt durch den Text nicht nur, dass sich Thomas Knauf so seine Gedanken über die Fotografie und all das gemacht hat, man erfährt auch einiges über André Rival. Und man hat gar nicht mehr den Eindruck, dass der ein Unprominenter ist. Was einerseits schade ist, weil dann ja die Bilder gar nicht mehr so wirken, wie sie zuerst gewirkt haben. Andererseits wirft das die Frage auf: Wer ist Thomas Knauf?

Da uns in der Galerie niemand weiterhilft, befragen wir das Internet (das Medium der Information im Zeitalter der Globalisierung, Buch und Zeitung seine verlebten Geschwister - würde Thomas Knauf vielleicht hinzufügen). Wir tippen www.thomasknauf.de , und wir treffen auf einen "Dipl.Ing. Thomas Knauf" mit "Kernkompetenzen". Die liegen laut Internetseite nicht nur auf dem Felde der "Software-Entwicklung: C (Keil C166, C51, hp-ux)", sondern auch auf dem Gebiet "Kommunikation/ Schnittstellen (RS232, HP-IB, NMEA-0183".

Hm, könnte es sein, dass sich hier ein mega-unprominenter Dipl.Ing. in den Zeitungstext geschlichen hat, der zufällig denselben Namen trägt wie unser Megaschlauer? Hat der Dipl.Ing. Thomas Knauf uns da ein medienkritisches Schnippchen geschlagen? "Chapeau!" würde Thomas Knauf, der echte, da wohl rufen.

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