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Kultur: Protestantisch

Eine Landpartie mit dem Thomanerchor in Jüterbog.

Sich aus der Macht des Teufels freizukaufen, war angenehm einfach, bis ein Dr. Luther aus Wittenberg sich darüber erzürnte, dass seine Schäfchen nach Jüterbog pilgerten, um ihre Münzen willig in den Tetzelkasten zu werfen. Das Treiben in der Nikolaikirche reizte ihn zu Thesen – mit Folgen, die Jüterbog zur Wiege der Reformation werden lassen sollten.

Die Brandenburgischen Sommerkonzerte besuchen das Städtchen an der Nuthe nun mit einem Programm, das sich durch die Jahrhunderte schwingt und dabei doch der Liturgie des Gottesdienstes folgt. Der Auftritt des Thomanerchors unter Georg Christoph Biller, dem 16. Nachfolger Bachs im Amt des Thomaskantors, füllt die Nikolaikirche bis auf den letzten Platz. Die himmelsstürmende Leichtigkeit der Knabenstimmen setzt Biller sorgfältig dosiert, man könnte auch sagen: protestantisch ein. Werke des Wagner-begeisterten, später zum urgermanischen Tonsetzer umdeklarierten Felix Draeseke rahmen das Konzert, darunter als zweite Schicht Pendereckis „Missa brevis“, die effektsicher geistliche Traditionen umspannt. Die Thomaner haben sie zu ihrem 800. Geburtstag uraufgeführt. Im Kern natürlich Bachs perfekt intonierte Motette „Der Geist hilft unsrer Schwachheit auf“ mit der schönen Luther-Bitte „stärk des Fleisches Blödigkeit“. Eine Studienfuge, die Wagner als Schüler des Thomaskantors Weinlig verfertigte, weitet den Raum auf die Wiese, wo die Thomaner mit Volksliedern sonnig ins Herz der Dinge treffen: „Der hat vergeben das ewig Leben, der nicht die Musik liebt und sich beständig übt in diesem Spiel.“ Ulrich Amling

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