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Kultur: Provokateur

Zum Tod des Komponisten Friedrich Schenker.

1980 bestellte der Rundfunk der DDR bei Friedrich Schenker eine Komposition für großes Orchester „heiteren, optimistischen Charakters unter Verwendung von Liedgut der Arbeiterklasse“. Geliefert bekamen die Auftraggeber das „Fanal Spanien 1936“, ein Stück von aggressiver Schärfe, geprägt durch bissige Zitat- und Collagetechnik. Musik, die schmerzt.

Nicht alle Unruhestifter waren in der DDR zum Schweigen verurteilt. Der 1942 im thüringischen Zeulenroda geborene Friedrich Schenker, der 22-jährig Soloposaunist beim Rundfunksinfonieorchester Leipzig geworden war, konnte auch deshalb als frecher Provokateur auftreten, weil ihn risikofreudige Künstlerfreunde wie sein Leipziger Chefdirigent Herbert Kegel unterstützten. 1973 schockierte die Abonnenten Schenkers „Electrization“: Sechs Außenseiter bringen dabei eine lethargische Masse in Bewegung – mit stampfendem Beat und grellem Freejazz. Drei Jahre zuvor hatte er mit dem Oboisten Burkhard Glaetzner die Gruppe Neue Musik „Hanns Eisler“ gegründet, eine Avantgardeformation, die bald eine bedeutende Rolle in der DDR-Musikszene spielen sollte. Dem neuen Leipziger Gewandhaus war Schenker ab 1982 als Berater für zeitgenössische Musik verbunden, ab 1996 unterrichtete er Improvisation an der Leipziger Musikhochschule. Eine Professur aber blieb dem mutigen, widerständigen Künstler versagt. Am Freitag ist Friedrich Schenker nach schwerer Krankheit in Berlin verstorben. F. H.

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