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Kultur: Prunk statt Petitessen

KLASSIK

Nein, dem Verdacht, mit leichten Programmen in die Nähe von Amateur-Ensembles zu kommen, will sich keines der Orchester beim young.euro.classic Festival aussetzen. Nur dicke Brocken werden am Sonntag abend durchs Konzerthaus gestemmt, die zahlreichen Damen und weniger zahlreichen Herren der Jungen Deutschen Philharmonie machen da keine Ausnahme. Von Überforderung ist indes wenig zu spüren. Gleich in György Ligetis San Francisco Polyphony glänzt das Orchester mit perfektem Zusammenspiel und Präzision. Das Stück überzeugt durch musikalische Konturen von fast schon visueller Qualität. Klangflächen formen und biegen sich oder werden in pulsierenden Melodiebögen aufgefangen. Matthias Pintschers Hérodiade-Fragmente nach Texten von Mallarmé hinterlassen einen zwiespältigeren Eindruck, zu effekthascherisch kommen sie mit riesigem Schlagzeugapparat daher. Das Stück sucht klangliche Extreme, leuchtet die perverse Extrovertiertheit der Tochter Salomes aus. Die Ausführung des schwierigen Sopranparts (Claudia Barainsky) gerät allerdings brillant. Schumanns Vierte geht nach dieser hochvirtuosen zeitgenössischen Orchestermusik fast zu leicht von der Hand. Lothar Zagroseks gestischer Übereifer lässt dabei wenig Raum für poetische Momente. Müssen die jungen Philharmoniker noch etwas lernen? Vielleicht mehr Sensibilität für die Akustik des Konzerthauses. Die ist etwas knallig-höhenlastig, Schlagzeug und Blechbläser sollten sich zurücknehmen. Der Klangbalance hätte das gut getan.

Ulrich Pollmann

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