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Kultur: Pure Hexerei

Erst mit den Zugaben wird sein Berlin-Gastspiel noch ganz ein Recital nach seinem Geschmack: mit der glänzend-geschmeidigen "Toccata" von Leopold Godowsky, der klanglich warm abgerundeten "Primavera" aus den "Vergessenen Weisen" von Nikolai Medtner und einem witzigen "billet doux" von Charles Valentin Alkan, Marc-André Hamelin, regelmäßig zu Gast etwa bei den Husumer "Raritäten der Klaviermusik", ist bekannt für die besessene Suche nach ausgefallener Literatur, die ihn bei Bedarf selbst zur Komponistenfeder greifen läßt.Notfalls spielt er eben mal drei Chopin-Etüden gleichzeitig.

Erst mit den Zugaben wird sein Berlin-Gastspiel noch ganz ein Recital nach seinem Geschmack: mit der glänzend-geschmeidigen "Toccata" von Leopold Godowsky, der klanglich warm abgerundeten "Primavera" aus den "Vergessenen Weisen" von Nikolai Medtner und einem witzigen "billet doux" von Charles Valentin Alkan, Marc-André Hamelin, regelmäßig zu Gast etwa bei den Husumer "Raritäten der Klaviermusik", ist bekannt für die besessene Suche nach ausgefallener Literatur, die ihn bei Bedarf selbst zur Komponistenfeder greifen läßt.Notfalls spielt er eben mal drei Chopin-Etüden gleichzeitig.Erfreulich, daß sein Ruf inzwischen auch ins klavieristisch immer noch ein wenig verschlafene Berlin gedrungen ist und die kleine Philharmonie erstaunlich gut zu füllen vermag.Dabei tut sich der Kanadier zunächst noch schwer, der hochherzigen Kritiker-Etikettierung als Nachfolger des genialen Exzentrikers Glenn Gould gerecht zu werden.Schumanns C-Dur-Fantasie, Tribut an den breiten Geschmack, ist für ihn eben nicht, was sie normalerweise anderen Pianisten bedeutet: Repertoirestück, vertraut und im Schlaf herzusagen.Merkwürdig undeutlich bewegt Hamelin sich durch die raschen Kreiselfiguren im ersten Satz, galoppiert im Mittelteil unmotiviert davon, inszeniert nur manchmal delikate Rubato-Klanginseln.Auch die zwischen Extremwerten wenig vermittelnde Dynamik erweckt den Eindruck des Unfertigen, Unausgegorenen.

Ganz anders stehen die Dinge bei Charles Valentin Alkan, diesem spätromantischen Pariser Sonderling, der die horrendesten Schwierigkeiten nach Gusto zusammenmixte.Im "Concerto gis-moll" (aus dem Etüdenzyklus op.39) geht es nicht wie bei Schumann um architektonische Anlage oder tiefschürfendes Gefühl.Jetzt wirft das Zirkuspferd sein Zaumzeug ab: läßt bei hämmernden Akkorden die Funken sprühen, wühlt sich durch die komplexesten Figurationen, tänzelt elegant zu zierlichen Girlanden.Für die mutwillige Schlußpolonaise müßte man mindestens drei Hände haben, doch Hamelin bleibt klar, kühl und kultiviert, der Klavier-Hexenmeister eben, wie das vor Jubel rasende Publikum ihn liebt.

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