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Kultur: Queen am Apparat

Was tun, was sagen, wenn die Queen anruft? Vor dieses Problem sieht sich der israelische Historiker Nathan Jisraeli gestellt, als eines Abends bei ihm das Telefon klingelt.

Was tun, was sagen, wenn die Queen anruft? Vor dieses Problem sieht sich der israelische Historiker Nathan Jisraeli gestellt, als eines Abends bei ihm das Telefon klingelt. Elisabeth von England ist dran und bittet um Auskunft über einen gemeinsamen Bekannten, an den Jisraeli sich nur schemenhaft erinnert.

Yoram Kaniuks Roman „Die Queen, ihr Liebhaber und ich“ spielt mit der Neugier des durchschnittlichen Zeitungslesers. Wer möchte nicht gerne wissen, wie es sich bei Königen so lebt. Denn obwohl sich unzählige Boulevardblätter und Magazine dieses Themas annehmen, bleibt doch immer das Gefühl zurück, dass man eigentlich gar nichts weiß. Kaniuk lässt seine Elisabeth erklären, wie man das eigene Lachen verschluckt und in der Pause im Theater ungesehen eine Toilette aufsucht. Wie man als Königin im Bett die hölzerne Pflichterfüllung des Gemahls erträgt – und sich einmal im Leben hoffnungslos verliebt. Doch was beginnt wie ein leicht dahintänzelnder Slapstick, verwandelt sich unmerklich in eine spannende Vergangenheitserforschung. Der israelische Historiker nimmt die Fährte auf und sucht sein Bindeglied zur Queen, einen britischen Geheimdienstoffizier, der auch in Palästina in der Mandatszeit gedient hatte, und der die Queen nach einer kurzen, aber eindrücklichen Affäre vor zwei Jahrzehnten verlassen hat.

Wie so oft bei Kaniuk vermischt sich hier Eigenes und Erfundenes. Dient ihm das Buch doch dazu, sich einer traumatischen Erinnerung zu nähern. Denn mit 18 Jahren, im israelischen Unabhängigkeitskrieg, war Kaniuk schon so gut wie tot. Von einer Kugel getroffen lag er vor den Mauern Jerusalems und wartete auf den tödlichen Schuss eines Engländers, der in der jordanischen Armee kämpfte. In seinen Finten und Volten läuft das Buch unerbittlich auf jenen magischen, gleichsam der Zeit entrückten Augenblick zu: Kaniuk/Jisraeli liegt am Boden, starrt das freie Auge des Engländers an, dessen anderes ihn durch das Zielfernrohr fixiert. Er erwartet den Schuss, ergibt sich ihm. Aber der fällt nicht. Kaniuk hat ein ganzes Buch erfunden, nur um diesen einen Moment zu erzählen.

Yoram Kaniuk: Die Queen, ihr Liebhaber und ich. List Verlag, München, 255 S., 19 €.

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