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Kultur: Rabattgesetz: Die Preisfrage

Gut gelaunt machen sich Schnäppchenjäger in diesen Tagen auf den Weg. Das Rabattgesetz gehört offziell der Vergangenheit an: Vom heutigen Mittwoch an darf bis zum Abwinken gefeilscht werden.

Gut gelaunt machen sich Schnäppchenjäger in diesen Tagen auf den Weg. Das Rabattgesetz gehört offziell der Vergangenheit an: Vom heutigen Mittwoch an darf bis zum Abwinken gefeilscht werden. Die Rabattsucher aber seien vor Übermut gewarnt. Auch die Verkäufer sind für die große Schlacht gewappnet. Seit Monaten bereiten die Einzelhändler ihr Personal - insgesamt 2,8 Millionen Verkäufer - in speziellen Schulungen auf die von allen erwartete und von vielen gefürchtete Veränderung des deutschen Verkaufalltags vor.

Zum Thema Online-Umfrage: Werden Sie um jeden Preis feilschen? In so genannten "Preis-Stabilitäts-Trainings" sollen die verunsicherten Verkäufer Strategien erlernen, mit denen sie allzu hartnäckigen Feilschern Einhalt gebieten können. Unternehmensberatungen freuen sich über diese Entwicklung, gehören sie doch als Anbieter solcher Seminare zu der Branche, die als Erstes und am eindeutigsten von der Abschaffung des Rabattgesetzes profitiert. "Wir haben bereits im Juli unser Trainingsvolumen des gesamten letzten Jahres erreicht", freut sich Bastian Werminghoff, Sprecher der Münchner Unternehmensberatung Verweyen.

Unsicherheit kann teuer werden

Und was lernen die Verkäufer nun in den vielversprechenden Schulungen? "In erster Linie geht es darum, Selbstbewusstsein zu vermitteln", so Werminghoff weiter, "denn viele Verkäufer gehen bereits aus reiner Unsicherheit mit dem Preis runter". Das könnte für die Unternehmen nun allerdings - da die Drei-Prozent-Marke des Rabattgesetzes gefallen ist - teuer werden.

Jeder Verkäufer muss sich von heute an auf unnachgiebige Preisverhandlungen einstellen. Dabei ist bekannt, dass raffinierte Kunden ihr "Opfer" durch ein charmantes Gespräch weichhandeln wollen. Mögliche Gegenstrategie der Unternehmensseite: mit den gleichen Waffen zurückschlagen. Das heißt, dass sich viele geschulte Verkäufer in Zukunft galant, aber bestimmt gegen die Feilscher zur Wehr setzen werden. Lässt sich der Rabatthungrige darauf nicht ein, "sollten ihm Naturalien angeboten werden", predigen die Unternehmensberatungen. "Eine Krawatte gratis zum gekauften Einreiher, kommt den Herrenausstatter meistens günstiger, als einen Preisnachlass zu gewähren", sagt Berater Bastian Werminghoff. "Der Schlips ist im Einkauf billiger."

Nächste Faustregel: Nicht über Prozente verhandeln, sondern immer über absolute Beträge. "Im Kopf des erfolgreichen Shoppers setzt sich sonst eine gefährliche Rabattspirale in Gang. Hat er heute 20 Prozent gut gemacht, verlangt er beim nächsten Mal vielleicht schon 25", warnt Werminghoff. Auch die Nachfragestrategie kann erfolgreich sein. Glaube nicht alles, was dein Kunde dir erzählt, lautet das Motto. "Behauptet jemand", so die Devise der Unternehmensberatung, "er habe bei der Konkurrenz ein besseres Angebot erhalten, sollte unbedingt nachgefragt werden. Erst dann merken Sie, ob ein Kunde blufft."

Mit offenen Karten

Für welche Strategie sich der Einzelhändler letztlich entscheidet, hängt natürlich immer von der Unternehmensführung ab. "Wichtig aber ist", so betont der Sprecher des Hauptverbandes des Deutschen Einzelhandels, Hubertus Pellengahr, "dass ein Unternehmen überhaupt mit einer klaren Strategie an den veränderten Markt geht."

Mit offenen Karten spielt die Essener Karstadt AG: "Bei uns gibt es keine individuellen Rabatte", erklärt Unternehmenssprecher Elmar Kratz. "Stattdessen bieten wir knapp kalkulierte Preise für alle Kunden - und glauben, dass unsere Klientel das auch zu schätzen weiß." Auch bei mittelständischen Unternehmen wird der chronische Schnäppchenjäger unter Umständen nicht auf seine Kosten kommen. Gerade bei kleineren Geschäften stehen andere Werte als der niedrige Preis im Mittelpunkt. "Wir bauen darauf, dass unsere Kunden erkennen, dass wir ehrliche Kaufleute sind", meint Peter Draga, Geschäftsführer des Berliner Bekleidungsunternehmens Ebbinghaus.

Wissenschaftliche Studien belegen, dass es sich dabei nicht um das Wunschdenken eines Mittelständlers handelt. "Der Kundschaft von kleinen und mittelständischen Unternehmen kam es noch nie auf den Preis alleine an", so Peter Kenning vom Marketing Centrum Münster. "Entscheidender für eine langfristige Kundenbindung ist in diesem Bereich vor allem die persönliche Bezug zu einem Unternehmen." Mit anderen Worten: War die Person, die mir ein Produkt verkauft hat, glaubwürdig, komme ich wieder.

Schnäppchenjäger und alle, denen der Preis nun einmal das wichtigste ist und die sich von neuen Verkaufsstrategien die Lust am Feilschen nicht nehmen lassen, können sich zumindest mit einer Erkenntnis trösten: der Basar Deutschland ist ja eben erst eröffnet worden. Vielleicht findet sich ja auch in Zukunft noch hier und da ein ungeschulter Verkäufer ...

Andrea Schäfer

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