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Kultur: Rahmenlose Klänge

Seit der Erfindung der Telephonie in den siebziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts haben die Klänge ihren Ort verloren.Sie lassen sich in Räume übertragen, in die sie nicht gehören, oder in die ihre Quellen gar nicht passen, wie etwa beim Anhören eines Orchesterkonzerts im Wohnzimmer.

Seit der Erfindung der Telephonie in den siebziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts haben die Klänge ihren Ort verloren.Sie lassen sich in Räume übertragen, in die sie nicht gehören, oder in die ihre Quellen gar nicht passen, wie etwa beim Anhören eines Orchesterkonzerts im Wohnzimmer.Deutlicher als Musik evozieren Naturklänge einen charakteristischen Raum (die Weite des Meeres) oder die Situation ihrer Erzeugung (die Feuchtigkeit des Regens).Die Klangkunst bedient sich solcher Verweisstrukturen.Ähnlich wie ein Bild kann ein Klang einen Ort repräsentieren, der von dem des Hörers verschieden ist.Doch während Bilder Rahmen haben und der Betrachter ihnen als begrenztem Objekt gegenübersteht, teilt der Klang mit dem Hörer den Raum.Man muß nicht sehen, was man hört.Dies nutzt der Finne Simo Alitalo in seiner interaktiven Klanginstallation "...but where does it come from?", die die Galerie Singuhr im Rahmen von "Forum Klangkunst 98" in der Parochialkirche präsentiert.

Alitalo bespielt den Treppenaufgang und die beiden Seitenräume des Glockenstuhls mit drei natürlichen Soundscapes, Rainsticks, Grillen und Meer.Auf seinem Weg über die Wendeltreppe löst der Besucher bedrohliche Einzelgeräusche aus, die jedoch stets in weiter Ferne erklingen.Tigerfauchen, Donnergrollen und schweres Atmen lassen sich zwar orten, doch nie erreichen.Im Hauptraum trifft man nur auf ein Paar große Muscheln, aus denen jeweils zur Viertelstunde Glocken klingen - Annäherung von Natur und Technik und Reflex auf die frühere Nutzung des Ortes.Ausgehend von Bill Fontana und Alvin Lucier betont Alitalo so die instinkthafte Unmittelbarkeit des Hörens, die sich in den einfachen Signalklängen jedoch rasch erschöpft.

In die nie gehörten Eigenklänge des Computers führt Jutta Ravenna mit ihrer Einrichtung eines "Daten-Klangfensters" im Mathematikgebäude der TU ein.Das Gebäude betritt man unter einem Glasdach, das Ravenna mit grünen Computerplatinen vollständig verkleidet hat.Aus aufgesetzten Hochtönern dringt technisches Rauschen in den Außenraum, das an Festplatten- und Lüftunßurren erinnert.Wieder werden die Klänge irgendwoher übertragen, wie auch in dem Klangfenster in der Bibliothek, aus dem eine zarte, durchbrochene Struktur dringt, die im Laufe der Zeit an Dichte immer weiter abnimmt und schließlich wieder neu einsetzt.Kurze geräuschhafte Einzelereignisse und hohe aufwärtsglissandierende Töne werden gesteuert von den Datenströmen eines verborgenen Computers, der die Meßwerte einer Photozelle verarbeitet.Während wir hier die Arbeit elektronischer Schaltungen belauschen, legt das dritte Fenster im belebten Foyer seine Klangerzeugung bloß.Hier sind es Relais, die zwischen dicken Kondensatoren und langen Flachbandsteckern klicken - das elektromechanische Schalten gibt den Klängen einen realen Ort im technischen Gerät.

Simo Alitalo: Parochialkirche, Klosterstraße, bis 13.9., Mittwoch bis Sonntag 15.00 bis 20.00 Uhr

Jutta Ravenna: Mathematikgebäude TU, Straße des 17.Juni, bis 27.8.

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