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Kultur: Rauher Charme

Das Gesetz der wechselseitigen Emphase gilt auch für das Verhältnis deutscher und polnischer Architekten.Je mehr betont wird, wie gut die Beziehungen sind, desto klarer ist, wie wenig selbstverständlich das auch heute noch ist.

Das Gesetz der wechselseitigen Emphase gilt auch für das Verhältnis deutscher und polnischer Architekten.Je mehr betont wird, wie gut die Beziehungen sind, desto klarer ist, wie wenig selbstverständlich das auch heute noch ist.Diesen Eindruck verstärkt die Werkschau des polnischen Architekten Romuald Loegler, die gegenwärtig bei Aedes am Savignyplatz gezeigt wird.Loegler war als Architekt, Funktionär, Jury-Mitglied, Dozent und Herausgeber ein Pionier der Annäherung zwischen Ost und West in beiden Richtungen, was ihm den Ruf eines "Osteuropäers vom Dienst" eingetragen hat.Loegler ist einer der wenigen polnischen Architekten, deren Namen in Deutschland und speziell in der Berliner Szene etabliert sind.Den Höhepunkt in Loeglers Vorwende-Karriere stellt das frühe Hauptwerk, die Hedwig-Kirche in seiner Heimatstadt Krakau von 1981/91 dar.Im kommunistischen Polen war der Sakralbau die wichtigste Nische für moderne Architekten.Loegler hat ein reiches zeichnerisches µuvre geschaffen - viele seiner Entwürfe sind aber Papierarchitektur geblieben.Aber auch in der Graphik zeigt sich die Vorliebe des Architekten für romantische Kompositionen geometrischer Grundformen, die bis heute sein Werk auszeichnet.Ob der rauhe Charme, den die Oberflächen seiner Bauten auszeichnen, gewollt ist, oder der vergleichsweise ruppigen Bauweise in Polen und minderwertigen Baustoffen geschuldet ist, darüber läßt sich nur spekulieren.

Loegler hat schon vor der Wende einige Projekte in Berlin - wie die IBA-Wohnhäuser in der Dessauer Straße - geplant.Seine Wettbewerbsbeteiligungen für die Boxhalle im Prenzlauer Berg sowie sein Entwurf für ein "blaues Band" zur Revitalisierung der Karl-Marx-Allee wurden von dem ersten Preis für seinen Wettbewerbsbeitrag zum Nordbahnhof gekrönt.Auch wenn die politische Wende keine starke Zäsur in seinem Werk darstellt, entstanden nach 1989 kuriosere Entwürfe.Wie viele seiner westlichen Kollegen entwarf er für seine "Stadtideen für Berlin" 1992 wenig nachvollziehbare Visionen.

Loeglers Entwürfe wirken bisweilen in ihrer Metaphorik überfrachtet.Speziell seine Entwürfe für Brücken in Berlin und Paris sind symbolisch bis zur Pathetik.Loegler hat zwar postmoderne und dekonstruktivistische Moden in seinem Werk absorbiert, von dem baulichen Kitsch, der heute häufig in Polen entsteht, ist sein Schaffen dennoch angenehm weit entfernt.Seine realisierten Gebäude - darunter Villen und Mietshäuser in Krakau - sind hingegen auf eine reizvolle Art bodenständig.

Galerie Aedes West, Savignyplatz, S-Bahnbogen 600, bis 14.Juni.Katalog 20 DM.

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