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Kultur: Ray Charles

Diese Woche auf Platz 36 mit „Genius Loves Company“

Zurzeit kann man die ersten PR-Ankündigungen für „Ray“ lesen, den Film, der das Leben von Ray Charles abbilden soll und im Januar ins deutsche Kino kommt: „Ray Charles hat diesen Film noch vor seinem Tod im Juni dieses Jahres gesehen.“ Autsch! Aber bei näherer Betrachtung steckt in diesem Lapsus eine Wahrheit: Ray Charles Robinson, der als kleiner Junge an grünem Star erkrankte, der seinen Vater nicht kannte, seine Mutter früh verlor und mit 16 begann, Heroin zu spritzen – diese Überlebensmaschine war tatsächlich: ein Sehender. Ein Genie, das den Gospel aus der Kirche holte, mit dem Rhythm’n’Blues zusammenführte und den Weg für das bereitete, was heute als Soul bekannt ist. Seinen ersten Hit hatte er noch in den so genannten „Race Charts“. Damals nannten die Weißen die schwarze Musik Rock’n’Roll und verdienten viel Geld damit. Ray, das Genie, liebte zeitlebens Gesellschaft - was sich nicht nur in zahlreichen Vaterschaftsklagen niederschlug, sondern auch in musikalischen Kooperationen mit allen und jedem. „Ich bin ein Gebrauchsmusiker“, sagt er in einem Interview, „deshalb bin ich immer noch da.“

Und selbst dieses Album ist nicht digital zusammengepappt. Das hat er noch selbst eingespielt, bevor er sein letztes „Hit The Road, Jack!“ anstimmte. Da können wir wenigstens sicher sein, dass er es auch noch selbst gehört hat. Unter solchen Vorzeichen ist es keineswegs ein Missverständnis, wenn Norah Jones, Elton John, BB King, Van Morrison und all die anderen Duett-Partner hier in ihren Widmungen beharrlich im Präsens von Ray Charles sprechen. Dieses Vermächtnis bescherte ihm in den USA (Platz 2) den höchsten Chart-Einstieg seit 41 Jahren. Und es zeigt: Ray Charles ist nicht tot. Er spielt jetzt nur auf einem anderen Label.

Ralph Geisenhanslüke

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