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Kultur: Rebellion gegen das Nichts

Das Vogler-Quartett im Konzerthaus.

Seinem auf Mozart und Schubert konzentrierten Programm stellt das Vogler-Quartett unversehens den „Kontrapunktus I“ aus Bachs „Kunst der Fuge“ voran. Geht es darum, die unvergleichliche Homogenität der seit 1986 unveränderten Formation in nuce vorzuführen? Des Rätsels Lösung liegt im Finalsatz von Mozarts G-Dur-Quartett KV 387, in dessen Fugato-Künsten sich der Wiener Meister als würdiger, die Strenge ins Liebenswürdige wendender Erbe Bachs erweist – nur er kann dem seriösen Fugenmotiv ein Gassenhauer-Thema nachfolgen lassen. Die Voglers spielen dies im Konzerthaus mit einer Leichtigkeit, einer Kommunikationslust, die sich zuvor schon in einer gut gelaunten Betonung des Rhythmischen ausspricht, gepaart mit einer Wärme und Fülle des Tons, die vor allem das Andante zum reinen Belcanto macht.

Eine seltene Gelöstheit, die sich ebenso als Einmütigkeit wie als lustvolles Vor- und Zurücktreten der Einzelstimmen zeigt, verschafft auch Schubert ein Mehr an Emotionalität. In fiebriger Hitze fliegt der Quartettsatz c-Moll vorbei, ohne dem lieblichen Seitenthema in dieser ganzen pointieren Schroffheit allzu viel Raum zu geben – das Drama hat Vorrang. Keinen Trost verbreitet auch das Variationsthema des d-Moll-Quartetts, das dem Schubertlied „Der Tod und das Mädchen“ entstammt. Dafür ist das Tempo zu fließend-beiläufig, die Klanggebung zu starr und fahl. Süße, schmerzlich beschwörende Töne der Dur-Variation sind dazu kein Widerspruch. Hier geht es ganz um den Schmerz des Abschiednehmenmüssens, ein Aufbegehren gegen das Nichtmehrsein, das noch einmal alle Kräfte bündelt. Die Voglers widmen sich dem mit einer Unbedingtheit, in der es nicht mehr auf glatten Schönklang oder technische Perfektion in jedem Detail ankommt. Umso mehr zeigt sich die Lebendigkeit des Spiels bis zum letzten atemverschlagenden Totentanz als hinreißende Virtuosität, die begeisterte Bravos hervorruft. Isabel Herzfeld

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