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Kultur: Reine Erwartung

POP

Natürlich trägt er seinen schwarzen Hut, die Sonnenbrille, den langen Ledermantel, darunter die zu große Smokingjacke. Natürlich spricht er das Publikum den ganzen Abend lang mit „Ey, Leute!“ an, die Stimme näselnd und aufgeraut. Udo Lindenberg , ein grandioser Fall selbstidentischer Vorhersehbarkeit. Doch warum verlässt er sich beim Abschlusskonzert seiner Tour zum 30-jährigen Rockjubiläum so wenig auf sich selbst? Eine Pathosbombe will er in der Arena mit seinem Panikorchester zünden. Deshalb stilisiert er seinen Liederreigen als Reise durch die Zeitgeschichte. Aber: Was haben Leinwandbilder von Malcolm X, Muhammed Ali und der Love Parade mit Udo Lindenberg zu tun? Natürlich nichts, außer, dass der Mann schon immer danach strebte, mit allem und jedem verknüpft zu sein.

Deswegen lädt er sich so viele Gäste ein, dass aus dem Konzert eine Galashow wird. Ben Becker tobt als Punk über die Bühne, mit schwarz bemalten Augenhöhlen. Nina Hagen kreischt mal wieder „Ich glotz TV“ und schwenkt einen Neonumhang über den schwarzen Minirock. Gestatten, Udos wilde Künstlerfreunde. So ein bisschen wollte er immer sein wie sie, vor 25 Jahren ließ er deshalb Peter Zadek seine Show inszenieren. Nur sein Publikum weiß damit nichts mehr anzufangen. Viel besser kommt da Peter Maffay an. Das ist noch ein Kerl, gewissermaßen Udos kernige Seite, eine Schlager-Type. Nur er selbst will das nicht wahrhaben, hält sich für das Zentrum einer bunten Republik. „Party-Opis! Party-Babies! Party-Teenies!“, schreit er in die Halle. Gekommen sind leider nur die Mamas und die Papas, und die wollten einfach ein paar Lieder hören vom ergreifendsten Nuscheln der deutschen Sprache.

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