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Kabinenclowns. René Marik mit Moser-Maulwurf und Frosch Falkenhorst.

©  Promo

René Marik: Der Plüsch-Anarchist

Vom Mechaniker zum Comedystar: der seltsame Erfolg des Puppenspielers René Marik, der eigentlich gar kein Star sein will.

Das Ganze muss doch ein Irrtum sein, diese plötzliche Popularität, der Hype um einen Puppenspieler mit schrägem Humor. Ist doch gar nicht Mainstream, kein bisschen massenkompatibel, nur eben auf Youtube hunderttausendfach geklickt.

Oh nee, nicht das schon wieder. René Marik seufzt. Dauernd sagen irgendwelche Superschlauen zu ihm: Was du machst, ist doch nicht Comedy! Nur weil er keine blöden Beziehungswitze erzählt, keine moralinsauren Kabarettwahrheiten über die Rampe pustet, sondern mit Plüschpuppen seltsame Sketche spielt und dazwischen hingebungsvoll traurige Lieder singt. „Dabei mache ich genau das – Comedy.“

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Nur lustig müsse die eben nicht immer sein, sagt der Mann, der kein Star und noch weniger ein irrtümlicher Star sein will. „Und wenn ich da doch falsch bin, erledigt sich das früher oder später eh von selber.“ Wohl eher später. Jetzt strahlt RTL sein aktuelles Programm „KasperPop“ in voller Länge aus, sind seine drei Shows Anfang Februar im Admiralspalast so wie die ganze seit einem Jahr laufende Deutschlandtour mehr oder weniger ausverkauft, läuft die von ihm mitsynchronisierte Disney-Klamotte „Rapunzel – neu verföhnt“ in den Kinos. Oder doch früher. „Wird sicher ein Quotenabsturz“, freut sich der Puppenspieler, der dem Fernsehsender, der das Programm in zwei leichter verdaulichen Portionen ausstrahlen wollte, 90 Minuten am Stück aufgedrückt hat. Und die Mischung aus Musik und Puppenspiel sei nun mal ziemlich krude, ein „lose assoziierter Haufen Schwachsinn“.

Stört die Leute aber nicht, die gespannt dasitzen und jedes Mal, wenn René Marik wie beim Kasperletheater „Seid ihr alle da?“ in den Saal ruft, wie erlöst vom Ernstsein „Jaaaaa!“ antworten. Worum es geht? Um Winnetou und E.T., Katastrophen, Pop, die Liebe, das Böse, aber alles nur angedeutet, unfertig und nichts so richtig. Einige Sketche in „KasperPop“ sehen aus wie Spielzeug, dass ein gelangweiltes Kind plötzlich fallen gelassen hat. Bäh, keine Lust mehr.

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„Erst mal eine rauchen“, entschuldigt sich der Puppenspieler und stellt sich vor die Kneipentür. 40 ist er, im Westerwald aufgewachsen, seit 1993 hier. Ein Schlaks in Schwarz im Winterschmuddel von Friedrichshain. Daneben könnte mit schnarrendem Geräusch jetzt schön der Maulwurf aus dem Boden schießen. Der Plüschschlauch mit der Blindenbinde am Arm und dem schlimmen Sprachfehler ist der tragische Held im Puppenuniversum von René Marik. „Maulwurfn“ stottert und quengelt herzerweichend „Menno!“, wenn er die heiß geliebte Barbiepuppe Barbe oder alles andere im Leben nicht bekommt. Und wenn er dann mal explodiert und „Neeneeneeneeneeneenee!“ schreit, geht das Publikum verzückt mit.

Er war schon 2007 in Mariks erstem und prompt mit dem Kleinkunstpreis Prix Pantheon ausgezeichneten Programm „Autschn! Ein Abend über die Liebe“ der Herzensbrecher. Da bespielte René Marik hinter seiner schwarzen Puppenbühne noch die kleine Bar jeder Vernunft statt großer Hallen und man hatte zum ersten Mal das Gefühl, dass dieser Mann und dieser Maulwurf anders als die andern Komödianten sind.

Das findet auch der eitle Frosch. Der grüne Besserwisser Falkenhorst gehört wie der prollige Eisbär Kalle, die Putzlappen und der Hasskasper zum so einfachen wie abstrakten Puppenuniversum von René Marik. Der Frosch ist seine erste Puppe, ausgeheckt mit seinem alten Kumpel, Kabarettist Rainald Grebe, und benannt nach dessen Show am Theaterhaus Jena. Fünf Jahre haben die beiden dort zum Ensemble gehört, zusammen in einer WG gewohnt und vorher an der Ernst- Busch-Hochschule Puppenspiel studiert. Als Schauspieler hat Marik auch an der Schaubühne oder dem DT gespielt. Ohne Grebes Einfluss gäbe es die Puppenshow nicht, sagt er. Und damit die späte Erfüllung seines Teenietraums – „mit der E-Gitarre vor 2000 Leuten abzuspasten“.

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Damit war nicht zu rechnen bei dieser Biografie: Hauptschule, erst KFZ-Mechanikerlehre, dann doch Abitur, Mathestudium in Siegen und Revoluzzer in Berlin. Da gerät Marik im Friedrichshain der frühen Neunziger in die Hausbesetzerszene. „Berlin hat mich von innen nach außen gestülpt“, sagt er und schaut aus dem Fenster, Kopernikusstraße, sein Kiez. Eine Antiabschiebedemo mitgemacht, Polizisten in Kampfanzügen „voll aggro“ erlebt. Da seien ihm die Augen aufgegangen.

Sieben Jahre hat René Marik in einer 30-köpfigen WG im sogenannten Fischladen gewohnt, keine Demo ausgelassen und mit der Punkband Die fickenden Fische Krach gemacht. Politisch kennt René Marik noch immer nix: Er sei linksradikal, Anarchist. Da ist der linke Unterarm mit dem tätowierten „A“. „Der Mensch kann ohne Herrschaft leben, davon bin ich überzeugt“, sagt er. Offensichtlich auch ohne Mathediplom, denn knapp davor hat eine Freundin ihn mit ins Puppentheater Schaubude geschleppt. Von da an weiß René Marik, dass er außer einer gerechteren Gesellschaft noch was anderes will. Ein Künstler sein, der die Leute mit einfachsten Mitteln bewegt. Bisschen Stoff, bisschen Pappe – fertig ist die ganze Welt.

Dass Puppen-Comedy und Politik nicht so super zusammenpassen, ist sein Dilemma. Ihm schauen schließlich auch FDP-Wähler zu. „Furchtbar“, schüttelt er sich, „aber ich kann kein politisches Theater machen, da finde ich einfach keinen Weg.“ Dann lieber mit Anarchoquatsch abräumen und dazu Bob Dylan zitieren: „Wer eine Botschaft hat, der soll zur Post gehen und sie in den Briefkasten werfen.“ Immer gut, die eigenen Grenzen zu kennen, aber erst Politaktivist sein und dann Fernsehgast beim alten Macker Mario Barth? „Ja, verdammte Axt“, prustet René Marik los. Hat sich so ergeben.

Irrtum hin oder her – nach „KasperPop“ ist mit Comedy auf der Bühne sowieso Schluss, sagt Marik. „Ist einfach alles gesagt.“ Er will was anderes machen: Puppenspiel unterrichten, einen Puppenfilm drehen. Auf seinem iPhone läuft schon die erste Probeszene. Das Team gehört zum Netzwerk aus Hausbesetzertagen. „War ein ziemlicher Kampf, die dem Fernsehen unterzujubeln, wird beim Film sicher genauso.“ Der Puppenspieler grinst, er muss jetzt dringend eine rauchen.

„KasperPop“ am 8.1., 22.30 Uhr auf RTL. Vom 4. bis 6.2., 20 Uhr im Admiralspalast. Live-DVD bei Feez/Sony Music.

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