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Architekt

© - Foto: dpa

Renzo Piano: Der Magier

Der Architekt Renzo Piano wird 70. Er hat unter anderem das Centre Pompidou in Paris und den Potsdamer Platz in Berlin entworfen.

„Ein Gebäude muss zunächst seinen Zweck erfüllen, aber es muss auch gut gebaut sein und es soll etwas Magisches haben.“ Gefragt nach seinem Credo, führt der Genueser Architekt Renzo Piano nichts anderes an als der römische Traktatschreiber Vitruv vor fast zweitausend Jahren: Utilitas, firmitas, venustas, also Nützlichkeit, Festigkeit und Schönheit müssen einem Gebäude zu eigen sein. Wenn er jedoch Vitruvs Zentralbegriff Schönheit durch Magie ersetzt, offenbart er den Kern seiner Architektur.

Als Piano 1971 zusammen mit dem Briten Richard Rogers den Wettbewerb für das Centre Pompidou in Paris gewann, war es gewiss nicht die Schönheit des Entwurfs, die die Jury überzeugte. Es war seine Magie. Dieses jede Erwartungshaltung übersteigende unerhörte Bauwerk begreift man besser als „Erscheinung“, und als solche hat es längst auch die zahlreichen damaligen Zweifler für sich eingenommen. Das technizistische Outfit des Supermuseums stammte von High-Tech-Architekt Rogers, doch Piano zeigte auch später bei seinen Soloauftritten ein Faible für technische Raffinesse – wenngleich er es immer verstand, mit überraschenden gestalterischen Mitteln auf die ihm gestellten Aufgaben zu reagieren: undogmatisch und geschmeidig.

Am 14. September 1937 in Genua in eine Bauunternehmerfamilie hineingeboren, ausgebildet in Florenz und Mailand, verlegte er sich zunächst auf die Erforschung neuer Materialien und Konstruktionen. Flächentragwerke sollten freie Grundrisse überspannen, die grenzenlos flexible Nutzung erlauben. Bereits mit seinem zweiten Bau, dem Centre Pompidou, kam der Weltruhm. Es bietet eben jene freien Grundrisse, weil Tragwerk und Versorgungsleitungen außen liegen.

Nach dieser Erfahrung gründete er mit dem begnadeten Ingenieur Peter Rice eine Partnerschaft, die bis zu dessen frühem Tod 1993 bestand. Heute heißt das Büro mit Standorten in Paris und Genua Renzo Piano Building Workshop, was seine interdisziplinäre und teamorientierte Arbeitsweise zum Ausdruck bringt. Piano, ein eloquenter, sympathischer Zeitgenosse, ist mit Wettbewerbserfolgen und Direktaufträgen international präsent.

Die Bandbreite seiner Arbeiten reicht von der Sanierung der berühmten Turiner Fiat-Fabrik Lingotto mit der Teststrecke auf dem Dach über die Wallfahrtskirche in Foggia und Museen in Houston, Basel und Bern bis zum internationalen Großflughafen Osaka.

In Berlin ist ihm mit der Bebauung am Potsdamer Platz das Kunststück gelungen, ein lebendiges Quartier aus der Retorte zu zaubern. Sein Gestaltungsrahmenplan veranlasste prominente Kollegen, im Interesse des Gesamtbildes angepasst zu bauen. Piano war auch der erste Architekt, dem die Neue Nationalgalerie im Sommer 2000 eine monografische Ausstellung gewidmet hat. Falk Jaeger

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