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Der Netzaktivist Markus Beckedahl

© dapd

Markus Beckedahl: „Es ist nicht mehr klein und gemütlich“

Der Re:publica-Organisator Markus Beckedahl über den Segen der Professionalisierung, 3-D-Drucker und die Frage, wie groß die Konferenz nächstes Jahr wird.

Von Anna Sauerbrey

Die sechste Re:publica ist ziemlich groß, sie ist kein „Klassentreffen“ der Netzszene mehr. Bedauert ihr das als Organisatoren?

Natürlich hat man schon eine Träne im Auge, dass es nicht mehr so entspannt, klein und gemütlich ist. Auf der anderen Seite freuen wir uns über die Relevanz. Die erste Re:publica haben wir geschaffen, weil uns ein Ort fehlte, an dem wir mit Leuten zusammenkommen können, die genauso denken wie wir, die im Internet vor allem die Chancen sehen, nicht nur die Risiken. 700 Leute kamen damals, aber trotzdem kannte man fast alle. Viele Medien haben uns damals die Relevanz abgesprochen und uns vorgeworfen, wir seien selbstreferenziell. Sechs Jahre später sind es auf einmal 4000 Menschen und jeder möchte unser Medienpartner sein.

Was sind das für Leute, die heute hier sind?

Gemeinsam haben sicher alle, dass sie das Internet in ihr Leben integriert haben. Keiner geht hier mehr ins Internet. Das Internet ist einfach da. Das sind keine Medienkonsumenten, sondern Menschen die „zurücksenden“. Und es sind Leute, die Debatten führen wollen, die vielleicht erst in ein paar Jahren gesellschaftliche Relevanz gewinnen.

Das Publikum ist im Schnitt erstaunlich alt, eher Ende dreißig als Mitte zwanzig. Ist die Re:publica jetzt eine Konferenz für das digitale Establishment, für Unternehmer, Publizisten und Web-Profis?

Ja, auch. Klar, Schüler beschweren sich, dass wir es nicht am Wochenende machen. Aber wenn wir es am Wochenende machen, haben wir danach keine Zeit zum Ausruhen (lacht). Es kommen deshalb in erster Linie Menschen, die froh sind, dass sie das irgendwie als Arbeitszeit abrechnen können – im Sinne von Networking oder Weiterbildung. Es sind auch viele dabei, die die Entwicklung des Internets schon seit den 80er Jahren verfolgen, die erste Generation, die das ganze eher durchdringt und reflektiert. Das hier ist ja nicht dazu da, die ganze Zeit zu wiederholen: Twitter ist toll. Sondern drüber nachzudenken: Was machen wir da, warum machen wir es?

Die Konferenz hat inzwischen viele große Sponsoren. Macht ihr mit dem Ding schon Gewinn?

In diesem Jahr haben wir vor allem investiert. Wir kamen hier in leere Räume, wir haben wochenlang gesucht, wo wir jetzt die Stühle herbekommen. Der Umsatz hat sich verdoppelt, aber ob wir Gewinn machen, ist fraglich. Wir gehen nicht davon aus. In den Jahren zuvor hatten wir eine Mischkalkulation, inzwischen machen die Sponsoren und Partner aber tatsächlich den größten Batzen der Finanzierung raus. Wir wollten auch die Eintrittspreise günstig halten.

"Wir haben noch Potenzial."

Was passiert mit dem Gewinn?

Der wird fifty-fifty aufgeteilt zwischen Newthinking, meiner Agentur, und Spreeblick, dem Blog von Johnny Haeusler.

Seid ihr inzwischen eine eigene Gesellschaft?

Ja, dieses Jahr haben wir eine GmbH gegründet, weil klar war: Wenn das schief geht, sind wir pleite.

Was die Organisation angeht, seid ihr professioneller geworden?

Die erste Re:publica war 10 Tage nach Ostern. Am Osterwochenende saßen wir da und haben mit copy und paste Kontodaten in unser Onlinebanking-System eingeklebt, damit wir die Eintrittsgelder abbuchen konnte. Jetzt haben wir ein Team, in dem in den letzten Wochen 30-40 Leute Vollzeit geackert haben. Da konnten wir uns als Veranstalter etwas zurückziehen, es ist angenehm, dass wir uns darauf verlassen konnten, dass Detailfragen von anderen geklärt werden.

Wenn nächstes Jahr noch mal mehr Leute Karten kaufen wollen, würdet ihr weiter wachsen?

Wir denken noch nicht darüber nach, wie die Re:publica mit 8000 Leuten wäre. Wir haben aber noch Potenzial. Aber wer weiß, vielleicht interessiert das in drei Jahren niemanden mehr.

Habt ihr thematisch eine Idee davon, wo es hingehen soll?

Wir versuchen jedes Jahr ein Stimmungsbild zu finden, was relevante Themen sind.

Was sind dieses Jahr wichtige Themen?

Es gibt Nischenthemen, „Quantify yourself“ etwa, also wenn Leute zum Beispiel eine Pulsuhr tragen, die ständig Daten in ein soziales Netz überträgt. Davon bin ich nicht so ein Fan, wegen der Privatssphäre, aber damit experimentieren gerade viele, das könnte ein Trend werden. Auch die „Maker-Culture“, die Szene derer, die Dinge wieder selbst herstellen wollen. Wir haben hier auf der Konferenz ein paar selbst gebaute 3-D-Drucker, das erinnert mich an den allerersten Heimcomputer, den mein Vater sich Anfang der 80er zusammengelötet hat. Vielleicht werden 3-D-Drucker sich ähnlich rasant entwickeln.

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