zum Hauptinhalt
Es kann losgehen.

© Johannes Schneider

re:publica-Eröffnung: Erst Mettmob, dann Netzpolitik

Zum fünften Mal findet in Berlin die Netzweltkonferenz "re:publica" statt. Zum Auftakt ging es gleich um zentrale netzpolitische Themen - genauso wie am Vorabend bei der FDP.

Die "Re:Publica" beginnt mit einem "Mettmob". Während die meisten Gäste eine Stunde vor Beginn der Netzwelt-Konferenz am Mittwochmorgen noch am Check-In-Counter warten oder sich durch den Regen und den Sturm der realen Welt zum Friedrichstadtpalast kämpfen, stürmen die ersten 20 bereits wieder nach draußen. Ziel: eine Metzgerei auf der anderen Seite der Friedrichstraße. Immer mehr schließen sich an, zwischenzeitlich erscheint es, als sei die "re:publica" bereits beendet, noch bevor sie eigentlich angefangen hat.

Als die Auftaktveranstaltung gut 40 Minuten später um kurz nach zehn Uhr beginnt, ist der Saal aber dennoch gut gefüllt. Auch hier geht es locker zu - auf der Videowall laufen die Twittermeldungen zur Konferenz ein und erheitern das Plenum. "Schweres Nerdbeben in Berlin", steht da, und: "Wenn jetzt der Friedrichstadtpalast einstürzt, ist das deutschsprachige Twitter erledigt." Ebenfalls schön: "3000 Blogger in Berlin, wer kümmert sich um die 10.000 Katzen?" Dann geht es los, mit Trailer und Donnergetöse, einem Dank an die Sponsoren und dem Gruß eines ISS-Astronauten aus dem Weltall, der sich am Ende seiner Videobotschaft einmal schwerelos um sich selbst dreht.

Dass es sich bei der Bloggerkonferenz - dem demonstrativen Unernst und dem dominierenden Jeans- und T-Shirt-Look von Teilnehmern und Organisatoren zum Trotz - nicht um eine lockere Spaßveranstaltung handelt, verdeutlicht dann die offizielle Begrüßung durch die Veranstalter Markus Beckedahl, Andreas Gebhard sowie Tanja und Johnny Haeusler kurz darauf: "Was hatte das Netz tatsächlich mit den Umwälzungen im arabischen Raum zu tun? Was passiert netzpolitisch in Deutschland? Machen wir uns zunehmend abhängig von monopolisierenden privatwirtschaftlichen Strukturen ..." - fragend umreißt Markus Beckedahl den gesellschaftlichen Problemhorizont der fünften "re:publica"-Auflage, zu der auch in diesem Jahr wieder über 3000 Besucher und knapp 200 Sprecher erwartet werden.

Beckedahls jüngstes Projekt, die Gründung einer "Digitalen Gesellschaft", die ähnlich "Greenpeace" für ökologische Belange als Kampagnenplattform für netzpolitische Initiativen dienen soll, ist dabei an diesem ersten Morgen auch über die Begrüßung hinaus Topthema. Immer wieder versuchen die technisch wie gewohnt bestens ausgerüsteten Zuhörer bereits während der Begrüßung auf die mit Konferenzbeginn online geschaltete Webseite der Gesellschaft zu gelangen - mit wechselndem Erfolg. Die, die an Serverüberlastung scheitern, müssen sich mit dem Original zufrieden geben. "Wir wollen für netzpolitische Inhalte effektiv einstehen", sagt Beckedahl und erntet Applaus.

Die Glücklichen, die die Webseite entern konnten, finden dort ein netzpolitisches Portfolio, dessen Themen auch in Beckedahls populärem Blog netzpolitik.org immer wieder zur Sprache gekommen sind: Vorratsdatenspeicherung, Datenschutz, Netzneutralität, Urheberrecht - plakativ treten die Themen hervor, die Beckedahl stellvertretend für die Netzbürger an Politik und Entscheider herantragen möchte: "Wir haben viele Fragen an die Politik!" steht unter einem großen roten Button, auf dem "Warum?" zu lesen steht: "Warum werden Freiheitsrechte immer abgebaut? Warum gibt es nicht überall Netz? Warum gibt die GEZ nicht 1 Prozent der Gebühren für das Internet?"

Dass diese Fragen die parlamentarische Politik durchaus erreicht haben, wollte die FDP bereits am Vorabend der "re:publica" beweisen: "Wir haben keine Angst vor digitalen Medien und sehen hier zuallererst Chancen", ließ FDP-Generalsekretär Christian Lindner als Grußwortgeber einer prominent besetzten Podiumsdiskussion zum Thema "Rechtsetzung und Rechtsdurchsetzung im digitalen Zeitalter" der Friedrich-Naumann-Stiftung in Berlin wissen. "Die großen Möglichkeiten des Internets werden nur eine vorübergehende Erschütterung in der Matrix sein, wenn nicht Entscheidungen in der realen Welt folgen", mahnte im Anschluss bei einem Impulsvortrag Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger. Netzpolitik dürfe nicht den "hilflosen Versuchen" derer überlassen werden, die sich mit aller Macht gegen die Veränderungen der digitalen und realen Welt stemmten.

Doch während Leutheusser-Schnarrenberger am Vorabend der "re:publica" immer wieder eine Politik der ruhigen Hand anmahnte, drängt es die netzpolitischen Köpfe der "re:publica" schnell weiter: "Wir wollen eine offene und freie digitale Gesellschaft erhalten und mitgestalten", so die Zusammenfassung der Idee der "Digitalen Gesellschaft" auf deren Internetseite. Die wird in den kommenden drei Tagen rund um den Friedrichstadtpalast gelebt werden. Die "re:publica" hat begonnen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false