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78 mal 50 Cent - auch abzüglich einer Flattr-Gebühr von mindestens zehn Prozent, bleibt für den Medienjournalisten Stefan Niggemeier, von dessen Seite dieser Screenshot stammt, für diesen Text zumindest mehr als nichts.

© Tso

Thema "Crowdfunding": Zehn Tipps zum Geldverdienen

Bis zu 45 Cent kann ein Autor im Netz mit einem Klick eines Lesers verdienen, wenn er auf seiner Seite den Dienst "Flattr" aktiviert. Wir geben neun mäßig ernst gemeinte Tipps, wie man als Blogger mit Flattr und anderen Diensten richtig Geld verdienen kann.

1. Seien Sie zuverlässig! Denn Zuverlässigkeit zahlt sich aus, wie Tim Pritlove, Podcast-Blogger und mit etwa 2000 Euro im Vormonat nach eigener Aussage Flattr-Großverdiener, am Freitag bei einer "Co:Funding"-Special im Rahmen der "re:publica" aus eigener Erfahrung empfahl. "Beständigkeit wird belohnt", sekundierte die neben ihm sitzende Ulrike Langer, die gerade mit einer Gruppe Kollegen ein journalistisches Lehrbuch mit einem Vorauszahlungssystem und Spendengeldern stemmt. Die Logik erschließt sich aber auch ohne die Erfahrungsberichte: Wer mit schöner Regelmäßigkeit gute Arbeit abliefert, sei es in Bild, Ton oder Text, generiert eine Stammleserschaft. Und die ist dann auch eher als gelegentliche Zufallsleser bereit, etwa auf den Flattr-Button zu klicken.

2. Meinen Sie viel! Das scheint, nach den Eindrücken und Gesprächen der "re:publica" eine einhellige Erfahrung aktiver Flattrer zu sein, zumindest solcher, die Text produzieren: Belohnt wird nicht die akribische journalistische Arbeit, sondern eine Meinung, und zwar die, die Ihr Leser teilt. Deshalb gilt auch

3. Versetzen Sie sich in Ihre Leser! Wenn Sie Geld verdienen wollen, ist es völlig egal, was sie für wichtig/mitteilenswert/zentral halten, es sei denn, Sie haben Ihre Leserschaft so gut konditioniert, dass sie sich von Ihnen die Agenda setzen lässt. Solange Sie nicht Ihre Leserschaft für Ihr Thema mit Ihren Schwerpunkten haben, gilt

4. Reiten Sie die Aufmerksamkeitswellen! Guttenberg, Fukushima, Ägypten, Dioxin - bleiben Sie am Ball! Wenn Sie zu Themen der aktuellen Diskussion etwas zu sagen haben, werden Sie auf jeden Fall belohnt. Besser ist es natürlich noch, das Sie einen Vorsprung haben und in ein Informationsvakuum stoßen, wie es Journalist und Blogger Richard Gutjahr bei der "co:funding"-Konferenz ausdrückte. Deshalb

5. Seien Sie zur richtigen Zeit am richtigen Ort! Nur so können Sie eine eventuelle Meinungsschwäche überbrücken. Seien Sie der Erste an einem Ort, der dann binnen kürzester Zeit in den Fokus der Weltöffentlichkeit rückt. Machen Sie es wie Richard Gutjahr, der als einer der ersten deutschsprachigen Journalisten im Februar vom Tahrhir-Platz berichtete - und das komplett über Spenden refinanzierte.

6. Machen Sie den Leuten klar, dass Sie das Geld wirklich brauchen - und wozu! Niemand wird Ihnen Geld geben, wenn er glaubt, dass Sie damit reich werden wollen, im Netz bewegen Sie sich immer noch in einer sehr idealistischen Gemeinschaft. Machen Sie es wie Tim Pritlove - auch davon berichtete er im Rahmen der "co:funding"-Konferenz: Als dem bei einer "re:publica" der Rechner geklaut wurde, hagelte es - unaufgefordert - Spenden, weil seine Hörer wollten, dass er weitermacht. Als er dann noch um eine Bahncard 100 bat, um zumindest innerhalb Deutschlands Punkt 5 erfüllen zu können, wurde auch das gewährt. Allerdings auch nur, das erklärte Pritlove, weil er alles so gut erklärt hatte. A propos erklären:

7. Kommunizieren Sie Ihr Verdienstsystem! Ihre Fangemeinde bringt Ihnen gar nichts, wenn Sie nicht weiß, wie die von Ihnen genutzten Payment-Dienste funktionieren. Darum stellen Sie sie vor, sei es Flattr, Paypal oder Kachingle, sagen Sie: So, Leute, geht das. Ihr müsst Euch anmelden, Ihr müsst einzahlen, und dann könnt Ihr meine Super-Beiträge mit winzigen Spenden zu wahren Goldgruben werden lassen. Sagen Sie es immer wieder, bis es alle verstanden haben. Damit Sie es nicht zu oft sagen müssen, bedenken Sie auch 8.

8. Richten Sie sich an die richtigen Leute! Machen Sie am Besten keinen Seniorenblog, halten Sie sich auch fern von Sozialthemen. Alte Menschen haben oft zu geringe Netzkenntnisse, sozial Interessierte, zumindest als Betroffene, haben wenig Geld. Machen Sie am Besten eine Mischung aus Netzpolitik und Lifestyle, sprechen Sie die Young Urban Professionals an! Wecken Sie den Pioniergeist der Avantgarde oder irgendwelcher Möchtegern-Avantgarden, die sich dann vor sich selbst als Social-Media-Pioniere fühlen können, bei der derzeitigen Anzahl der Flattr-Accounts (Irgendwo auf der "re:publica" war von einem kleinen sechsstelligen Wert die Rede) ist das noch möglich. Wenn Sie die an sich gebunden haben, bleibt Ihnen nichts anderes übrig, als 9. zu hoffen.

9. Hoffen Sie auf eine minimale Verbreitung! Das ist ja völlig klar: Wenn irgendwann jeder einen Bezahlknopf am Text hat, wird der Konkurrenzkampf größer. Wenn dann, wie Flattr-Erfinder Peter Sunde gestern im Friedrichstadtpalast ankündigte, demnächst auch noch youtube-Clips und Twittermeldungen bezahlbar sein sollen, wird es sehr unübersichtlich. Daher: Wenn Sie erstmal ein paar hundert Zahler auf Ihrem Blog haben, hoffen Sie, dass die Entwicklung nicht weiter fortschreitet - und alles so bleibt, wie es ist. Ist das nicht der Fall, was wahrscheinlich ist, bleibt Ihnen, wie in eigentlich allen anderen Szenarien, nur noch Punkt 10.

10. Seien Sie gut! Das klang schon in Punkt 1 an und muss hier nochmal betont werden, weil es wohl für alle Zeit niemandem erspart bleibt: Seien Sie verdammt nochmal gut - das verbindet Sie mit allen, von Sophokles bis Sascha Lobo (naja). Und das ist doch schön, dass zumindest in der Hinsicht alles beim Alten ist: Genau so, wie eine schlechte Zeitung nicht gekauft wird, wird ein schlechtes Blog nicht gelesen, geschweige denn geflattrt. Darum der ultimative Tipp: Haben Sie Talent - in Produktion und Selbstvermarktung! Dann kann nichts mehr schief gehen.

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