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Kultur: Revisionisten

Christina Tilmann sorgt sich um falsche Prioritäten in der Bundeskultur Als der bisherige Kulturstaatsminister Julian NidaRümelin im Sommer ankündigte, der Bund übernehme die volle Verantwortung für die Sanierung der Berliner Museumsinsel, herrschte Erleichterung: Nach jahrelanger Zitterpartie schien es, als sei das glänzendste unter den hauptstädtischen Kulturprojekten in den sicheren Hafen der Bundeszuständigkeit gesteuert. Kein drohender Baustopp mehr, keine mühsam zurechtgeschobenen EFRE-Mittel, keine parlamentarische Verpflichtungserklärung – die Tricks und Volten, mit denen sich das bankrotte Land um die Last der hälftigen Restaurierungskosten herumdrücken wollte, erledigten sich mit dem klaren Kanzlerwort.

Christina Tilmann sorgt sich um falsche Prioritäten in der Bundeskultur

Als der bisherige Kulturstaatsminister Julian NidaRümelin im Sommer ankündigte, der Bund übernehme die volle Verantwortung für die Sanierung der Berliner Museumsinsel, herrschte Erleichterung: Nach jahrelanger Zitterpartie schien es, als sei das glänzendste unter den hauptstädtischen Kulturprojekten in den sicheren Hafen der Bundeszuständigkeit gesteuert. Kein drohender Baustopp mehr, keine mühsam zurechtgeschobenen EFRE-Mittel, keine parlamentarische Verpflichtungserklärung – die Tricks und Volten, mit denen sich das bankrotte Land um die Last der hälftigen Restaurierungskosten herumdrücken wollte, erledigten sich mit dem klaren Kanzlerwort.

Allein: Zu früh gefreut. In ihrem ersten Auftritt vor dem Kulturausschuss des Bundestages steuerte die neue Kulturstaatsministerin Christina Weiss zurück und kündigte „Korrekturen“ bei der Museumsinsel an. Der Zeitplan könne „entzerrt“, der Masterplan „revidiert“ werden, etwa bei der Sanierung des Pergamonmuseums oder der Archäologischen Promenade. Vorbei die goldenen Zeiten: Auch der Bund muss sparen, und die glänzende Goldmark, mit der Finanzminister Hans Eichel noch einmal die Löcher stopfte, könnte die letzte gewesen sein.

Nun kann man angesichts knapper Kassen in der Tat darüber nachdenken, ob der ehrgeizige Zeitplan, das Mammutprojekt Museumsinsel innerhalb von 10 Jahren zu stemmen, gelockert werden kann. Schon ein Haus – die wiedereröffnete Alte Nationalgalerie beweist es – lockt Besucher in Scharen an, und der spannende Sanierungsprozess ließe sich – ähnlich der Schaustelle am Potsdamer Platz – publikumswirksam nutzen. Man kann sogar darüber nachdenken, ob eine Rundumsanierung, wie sie bei der Alten Nationalgalerie glanzvoll gelungen ist, für alle anderen Häuser sein muss. Und man kann sicher davon ausgehen, dass weiterreichende Pläne wie Peter-Klaus Schusters Masterplan 2, der auch die Gemäldegalerie auf die Insel verlagern möchte, in absehbarer Zeit nicht zustandekommen werden. Ärgerlich ist allerdings, dass sich der Kulturausschuss über Zwischennutzungen des Palasts der Republik erregt, weil sie angeblich das Provisorium am Schlossplatz zementieren (siehe S. 28). Wer sich so für eine noch nicht ansatzweise finanzierte Schloss-Chimäre engagiert und die Museumsinsel darüber vernachlässigt, betreibt Revision im schlechten Sinn.

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