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Kultur: Richtung Mekka

Moscheen für das 21. Jahrhundert: eine Ausstellung in der ifa-Galerie.

Wenn in Europa von Moscheen die Rede ist, dann meist mit schrillen Untertönen. In der Schweiz hat eine Volksabstimmung sogar das Verbot des Baus von Minaretten bewirkt. Und selbst gut gemeinte Anläufe zur Integration des Moscheenbaus ins Stadtbild führen, wie in Köln, zu neuen Zwistigkeiten.

Im Rahmen seiner Reihe „Kulturen verbinden“ zeigt das Stuttgarter Institut für Auslandsbeziehungen (ifa) jetzt in seiner Berliner Dependance die Ausstellung „Kubus oder Kuppel“ über die Architektur von Moscheen in den jüngsten Jahrzehnten. Es geht also nicht nur um Moscheen in christlichen Mehrheitsgesellschaften, was in der Regel die Konfrontation einer glaubensstarken Minderheit mit einer religiös diffusen Mehrheit bedeutet. Es geht zugleich um den Bau neuer Moscheen in postkolonialen Ländern von Nordafrika bis Südostasien.

Die Gemeinsamkeit besteht in der Adaption anderenorts entwickelter Bauformen. Für die Bauaufgabe Moschee gibt es keine bindenden Vorschriften abgesehen von der, dass die Gebete Richtung Mekka ausgerichtet sein müssen. Ob Kuppel oder Kubus, das ist eine Frage der regionalen Traditionen. Und nicht einmal diese im Ausstellungstitel formulierte Alternative umfasst alle Möglichkeiten, gibt es doch in Nordafrika – und damit bis ins maurische Spanien – die Pfeilermoschee mit ihrem tendenziell unendlichen Raum sowie im Mittleren Osten bis Indien die Hofmoschee, bei der die Gebetsfläche unter freiem Himmel liegt und die Baulichkeiten sich auf Umgänge beschränken. Und auf die Minarette, wie überhaupt das Minarett das verbindende Element aller Bautypen darstellt.

Heutzutage dominiert der gedeckte Zentralbau, meist überkuppelt, wie ihn Paul Böhm derzeit in Köln realisiert. Auch die erste als solche sichtbare Moschee in der Bundesrepublik, 1973 in München errichtet, folgt dem Zentralkuppelvorbild, das türkische Muslime als Teil ihrer nationalen Identität schätzen.

Die vier Themen, in die die angenehm übersichtliche Ausstellung des ifa gegliedert ist, überlappen sich ein wenig. Immer wieder gab und gibt es Versuche, an islamische Motive anzuknüpfen. Das 1987 eröffnete Pariser „Institut du monde arabe“, wiewohl keine Moschee, darf da nicht fehlen, hat doch Jean Nouvel hier erstmals virtuos mit dem in der westlichen Moderne verpönten Ornament gespielt. Ausgefeilt ist das Spiel mit Zitaten bei der – bislang unrealisierten – Moschee für Dubai des iranischen Architekten Fariborz Hatam. Alen Jesarevic hat für das Minarett des „Islamischen Forum“ 2005 im bayerischen Penzberg auf arabische Kalligrafie zurückgegriffen.

Eine ebenso ironische wie nachdenklich stimmende Zutat sind die situativen Moscheen: in Lagerhäusern oder Dachgeschossen. Bastiaan Franken hat gar einen aufgegebenen Supermarkt in Amsterdam mit dem zum arabischen Wort für „Allah“ veränderten Logo des früheren Betreibers dekoriert – und dafür politisch korrekte Schimpfe einstecken müssen.

In Albuquerque im US-Staat New Mexico schließlich stand eine Moschee, die an die regionale Lehmziegelarchitektur anknüpfte. Stand – denn sie war den Gläubigen zu modern und wurde durch ein traditionelles Bauwerk ersetzt.

ifa-Galerie, Linienstraße 139/140, bis 30. September. Katalog bei Wasmuth, 16 €.

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