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Kultur: Riese und Ladyzwerg

Bei Christie’s und Sotheby’s boomt die Fotografie

Das Aktphoto der französischen Präsidentengattin Carla Bruni-Sarkozy, das beim britischen Staatsbesuch des Paares so viel Aufsehen erregte, wird auf den New Yorker Fotoauktionen nur eine Nebenrolle spielen. Der Deutsche Gert Elfering, der als Sammler die Modefotografie hoffähig machte und in Berlin einst die Fotogalerie Camera Works finanzierte, erwartet für den Abzug des Fotografen Michel Comte von 1993 nur um die 2000 Pfund. Carla wird in Elferings dritter Christie’s-Auktion am 10. April verkauft, und allein seine 140 Fotos sollen drei Millionen Dollar bringen.

Fotografie ist teuer. Nicht nur die historische des 19. Jahrhunderts oder die Pioniertaten von Avantgardisten wie Man Ray, auch die Magazinfotografie der letzten 50 Jahre steigt im Preis, obwohl Elfering sie, anders als die Kunstfotografie im Stile eines Andreas Gursky oder Thomas Ruff, noch für unterbewertet hält. „Der einzige Unterschied ist, dass Kunstfotografie sehr groß abgezogen und in Galerien verkauft wird“, sagt der Sammler. Kommerzielle Fotografen wie die Stars seiner Sammlung, Helmut Newton oder Irving Penn, mussten sich „in einem ständigen Behauptungsprozess in der Magazinwelt immer wieder bewähren und durchsetzen“. Elfering erwarb diese Arbeiten früh und günstig. Nun kosten Hauptwerke wie Newtons Diptychon „Sie kommen. Naked and Dressed“ mindestens 140 000 Dollar. Richard Avedons Abzug eines Bardot-Porträts von 1959, das Warhol als Vorlage für seinen Siebdruck nutzte, strebt 120 000 Dollar an.

Das alles aber ist nichts im Vergleich zum „Blatt“ eines unbekannten Fotografen, das eigentlich Star der Quillan-Sammlung bei Sotheby’s war. Die Investorensammlung von 69 exquisiten Fotos aller historischen Phasen soll knapp 7,5 Millionen Dollar bringen: Ein Akt des US-Fotografen Edward Henry Weston wird auf mögliche 900 000 Dollar und August Sanders „Werkstudenten“ auf mindestens 150 000 Dollar geschätzt.

Das dunkelbraune „Blatt“ wurde dagegen von der Auktion zurückgezogen, damit man seine Geschichte erst einmal besser ausleuchten kann. 1984 gelangte es aus einem Album an den New Yorker Händler Hans P. Kraus – als Arbeit des Fotopioniers William Henry Fox Talbot. Als solche wurde es auch in die Quillan-Sammlung verkauft. Doch der von Sotheby’s konsultierte Experte Larry J. Schaaf glaubt nun, dass es von Thomas Wedgewood (1771-1805) stammen könnte, der noch vor Talbot und Daguerre fototechnologische Experimente anstellte. Bisher galten ihre Spuren als verschollen. Hätte Schaaf recht, wäre das „Blatt“ die älteste je entdeckte Fotografie. Wie teuer solche Abzüge sein können, zeigte die Nachtaufnahme von Edward Steichen, die 2006 für 2,9 Millionen Dollar verkauft wurde.

Von diesem Preisaufschwung wollen nun mehrere große US- Sammlungen profitieren. Nicht nur Elfering und die Quillan-Gruppe. Christie’s bietet 51 Fotos von Diane Arbus aus der Sammlung des kalifornischen Filmproduzenten Bruce Berman an und Phillips de Pury am 19. April in New York eine Fotosammlung, die von August Sanders Enkel Gerd Sander zusammengetragen wurde. Aber nichts zeigt so sehr den Reichtum an Überraschungen in der Fotowelt an wie die Fotos von Diane Arbus einer New Yorker Freakshow: „Hubert’s Dime Museum und Flohzirkus“. Der Buchhändler Bob Langmuir kaufte 2003 einen Haufen Dokumente, die einmal einem schwarzen Entertainer namens Charlie Lucas gehörten. Es waren Fotos aus „Huberts Flohzirkus“, wo Lucas arbeitete. Nur über eine Visitenkarte fand Langmuir heraus, dass die Arbeiten von der amerikanischen Fotografin stammen. Er wird Hunderttausende gewinnen: Fotos wie „Charlie Lucas mit dem Riesen Buck Nolan und Lady Zwerg Margharita“ sind auf bis zu 90 000 Dollar angesetzt.

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