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Musiker und Bajuware: Ringswandl, Vorname: Georg.

© Christian Kaufmann/Promo

Ringsgwandl in der Volksbühne Berlin: Am Hühnerarsch der Heimat

Bayerischer Blues: Liedermacher Georg Ringsgwandl und seine Band stellen ihr neues Album "Woanders" vor.

Der Ringsgwandl hat’s begriffen. Und zwar nicht erst, seit er 67 ist. „In the end it’s all about Stubnmusi“, merkt er gespielt resigniert an und schlägt das Intro der Ballade „Woanders“ ganz sacht und solo auf der Zither. Dies Instrument zu spielen, hat der bayerische Liedermacher, Kabarettist und einstige Kardiologe schon in seiner Kleine-Leute-Kindheit in Bad Reichenhall gelernt. Die von der Tante ererbte Zither hat den kleinen Schorschi zur Volksmusik gebracht und die wiederum den großen Georg zum Rock und Pop, aus dem Ringsgwandl seit Jahrzehnten einen unverwechselbaren bajuwarischen Blues-Funk-FolkMix destilliert.

Als er am Montagabend in der fast ausverkauften Volksbühne das Album „Woanders“ vorstellt, bestätigt sich wieder, dass der Heimat-Ironiker wie -Melancholiker auch in Berlin auf ein mit seinem Gesamtwerk vertrautes Publikum bauen kann. Kaum, dass er die bereits 1991 verfasste Liedzeile mit dem schönen Wort „Hühnerarsch“ ansingt, ergänzen die Menschen prompt „sei wachsam“.

Selbst in das jüngste in der Konzertbesetzung eingespielte Album haben sie sich eingehört. „Woanders“ wurde in einer Münchner Altbauwohnung mit dem virtuosen Solisten Daniel Stelter an der Slide-Gitarre, Christian Diener am Kontrabass und Tommy Baldu am meist nur mit Besen gespielten Schlagzeug in Zimmerlautstärke aufgenommen und zeigt in elf Liedern, dass Ringsgwandl außer schrill und rockig auch heimlich, still und leise über die Provinz herziehen kann.

Jedes Herz hat seine Obapfoiz

Etwa im schlicht „Dorf“ betitelten Song, in dem der Musiker, angestachelt durch garstige Gewerbegebiete, den Wettbewerb „Unser Dorf soll schiacher – also hässlicher – werden“ besingt. Oder in „Oberpfalz“, was mundartlich „Obapfoiz“ ausgesprochen wird, und im akustischen und lyrischen Gewand einer schönen Sehnsuchtsballade beschreibt, wie eine von dörflicher und familiärer Enge frustrierte Frau abhaut. Das ist der Moment an diesem warmen und wehen Abend, an dem der Kopf einer Sitznachbarin auf die Schulter ihres Begleiters sinkt. Jedes Herz hat halt eine persönliche Obapfoiz. Und einer wie Ringsgwandl kennt Heimatliebe wie Heimathass.

Nur wenn er Gaga-Geschichten über die Findelkinder-Herkunft seiner jungen Musiker erzählt und im gefürchteten Florence-Foster-Jenkins-Falsett singt, pflegt Ringsgwandl diesmal den groben Unfug. Aber Obacht: trotz zwei Stunden waltender Milde kann er grantig sein. Eine Zuhörerin, die „Spuits auf, Burschn“ schreit, watscht er ab, ihr Bayerisch klinge nach „billigem Ferienhaus“. Jubel und allgemeines Gejohle.

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