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Rokokomisch: So behagt es der Magd

Authentischer geht es wirklich nicht: „I Confidenti“, Brandenburgs einzige freie Operntruppe, zeigen „Monsieur di Porsugnacco“, ein musikalisches Intermezzo nach Molière, über das sich schon Friedrich der Große amüsierte.

Und zwar genau an dem Ort, wo die Aufführung für den Preußenkönig 1750 stattfand – im Schlosstheater des Neuen Palais im Park Sanssouci. Christine Jaschinsky hat prachtvolle Rokoko-Kostüme entworfen, unter der Leitung von Irmgard Huntgeburth spielen die sieben Musiker im Mini-Orchestergraben auf Instrumenten der Entstehungszeit, gesungen wird in Originalsprache und sogar die Inszenierung von David Zurbuchen orientiert sich an der traditionellen Formsprache der commedia dell’arte, die damals in Potsdam groß in Mode war.

Bereits der Soldatenkönig hatte italienische Theatertruppen an seinen Hof eingeladen, sein musikbegeisterter Sohn gönnte sich neben der Oper Unter den Linden für die Abendunterhaltung in der Sommerresidenz Potsdam auch zwei erzkomische Singschauspieler, von denen selbst der gestrenge Gotthold Ephraim Lessing zu berichten wusste, dass sie fähig seien, „den ganzen Schauplatz vor Lachen außer sich zu setzen“. Vor allem das Genre der Intermezzi wurde im Schlosstheater gepflegt, jene heiteren, volkstümlichen Farcen, die ursprünglich als Auflockerung zwischen die Akte der tragischen Helden- und Götter-Opern eingestreut wurden und sich später zur opera buffa emanzipierten.

Ein prototypisches, vom neapolitanischen Komponisten Ignatio Fiorillo vertontes Intermezzo haben „I Confidenti“ nun für ihre Sommerbespielung des Schlosstheaters ausgewählt: Der alte, reiche Landjunker Porsugnacco will die Tochter eines Dottore heiraten, wird aber von der Dienerin seiner Braut derart um den Finger gewickelt, dass er die Magd ehelicht – die den Gatten daraufhin prompt zum Dienstmann im eigenen Hause degradiert. Der revolutionäre Funke, der so einer Umkehrung der Machtverhältnisse – in der Beziehung von Frau und Mann wie auch von gesellschaftlichen Klassen – im 18. Jahrhundert innewohnte, zündet heute natürlich nicht mehr. Regisseur Zurbuchen versucht es darum gar nicht erst mit einer Aktualisierung, sondern beschränkt sich darauf, das Zwei-Personen-Stück durch drei quirlige Erzähler im Pulcinella-Kostüm charmant kommentieren zu lassen. So können Dörthe Maria Sandmann und Paul Hörmann ganz konventionell agieren, sie als wunderbar patente Dienerin, die raffiniert mit Klängen flirten kann, er als trotteliger Alter mit Hänflings-Tenor, der sich notfalls mit der Kopfstimme behilft, und die schönste Arie des Abends singen darf, in der imaginäre Kinder putzig „Papà, Mamma“ krähen.

Wer mag, kann sich übrigens von Dramaturg Nils Niemann an einem weiteren authentischen Ort auf das Divertissement einstimmen lassen. In den Privatgemächern des Marquis d’Argens im Neuen Palais nämlich, zunächst mit gelehrten Erläuterungen zur commedia dell’arte und zum Theaterleben am Preußischen Hof, dann mit Prosecco und Häppchen. Dem von Friedrich II. geschätzten französischen Lebemann-Philosophen d’Argens erging es übrigens ähnlich wie dem Intermezzo-Protagonisten Monsieur di Porsugnacco: Er verheiratete sich ganz unstandesgemäß – mit einer Schauspielerin aus der Komödiantentruppe des Königs. Wieder am 9., 15. und 16. Mai sowie im August und September. Infos: www.i-confidenti.de

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