zum Hauptinhalt

Kultur: Rot-Grüne Verkehrspolitik: In der Schwebe

Dem Mann kommt einfach immer etwas dazwischen. Vor zwei Wochen hatte Verkehrsminister Kurt Bodewig (SPD) noch stolz ein Gutachten präsentiert, wonach die beiden Transrapid-Strecken in Bayern und Nordrhein-Westfalen finanzierbar und wirtschaftlich viel versprechend seien.

Von Hans Monath

Dem Mann kommt einfach immer etwas dazwischen. Vor zwei Wochen hatte Verkehrsminister Kurt Bodewig (SPD) noch stolz ein Gutachten präsentiert, wonach die beiden Transrapid-Strecken in Bayern und Nordrhein-Westfalen finanzierbar und wirtschaftlich viel versprechend seien. Am Freitag aber war der Prestigeerfolg des Ministers wieder gefährdet: Der grüne Koalitionspartner im Bund monierte laut, die Finanzierung der beiden Metrorapid-Strecken sei haushaltsrechtlich höchst bedenklich, der Bund könne für das folgende Jahr gar keine verbindlichen Zusagen machen (siehe Kasten).

Die Attacke aus dem Lager des Koalitionspartners könnte der SPD-Politiker, der gern mit breitem Lächeln gute Laune zur Schau trägt, noch verkraften. Schließlich ist die Verkehrspolitik neben Bau- und Wohnungswesen nur ein Feld seiner Arbeit. Aber auch im SPD-regierten Nordrhein-Westfalen, wo der Ex-DGB-Abteilungsleiter seine politische Heimat hat, ist man auf den 46-jährigen Verkehrsminister nicht gut zu sprechen. Denn das Gezerre um den Transrapid ist nur das jüngste Beispiel, bei dem sich Bodewig nach großen Ankündigungen in seinem Tatendrang jäh gebremst sieht.

Immer wieder ins Stocken gerät vor allem ein Zentralprojekt rot-grüner Verkehrspolitik: die flächendeckende Einführung einer von gefahrener Strecke und Schadstoffausstoß abhängigen Maut für Lastwagen auf Autobahnen. Am Freitag blockierte der Bundesrat vorerst die Vorlage der Koalition für die Lkw-Maut - und verlangte Nachbesserungen. Das Ministerium aber konnte keine schlüssige Strategie präsentieren, auf welchem Wege das Ziel nun trotzdem schnell zu erreichen sei - so war zumindest der Eindruck, den der Pressesprecher von Bodewigs Haus vermittelte.

Nicht offen für Beratung

Sogar aus den eigenen Reihen war der Minister im vergangenen Jahr davor gewarnt worden, der Termin 1. Januar 2003 zur Einführung der Maut lasse sich kaum halten - schließlich seien die Abstimmungsprozesse mit den Bundesländern, die Ausschreibung für einen technischen Betreiber des Maut-Abrechnungssystems und die Kündigung der Euro-Vignette-Verträge so zeitaufwendig, dass die Sache nicht schleifen dürfe.

Bodewig fehle es an der Bereitschaft, sich beraten zu lassen, klagten Fachleute damals. Der Minister sorgte mit einer eigenwilligen Entscheidung über die Ausschreibung des Milliarden-Geschäfts dann selbst für eine vermeidbare Verzögerung des Projekts, dessen Einnahmen zweckgebunden zum Ausbau staugefährdeter Engstellen dienen sollen: Bodewig schloss im August das Düsseldorfer Konsortium AGES Maut System aus dem Verfahren aus. Damit schien der Konkurrent Electronic Toll Collect (DaimlerChrysler, Deutsche Telekom, Cofiroute) als Sieger festzustehen. Die AGES aber bot dem Minister die Stirn - und bekam Recht: Ende Dezember entschied das Oberlandesgericht Düsseldorf, dass der Ausschluss rückgängig zu machen sei - prompt musste die Ausschreibung zurückgedreht werden. Die Folge: Der Termin Anfang 2003 war nicht mehr zu halten.

Die jüngste Schreckensmeldung

Als Verlierer präsentiert sich Bodewig auch im Dauerstreit um die Trennung der Unternehmensbereiche Schiene und Betrieb bei der Bahn AG. Obwohl der Bund die Aktien hält und damit das Sagen hat, kann Bahn-Chef Mehdorn den Eindruck vermitteln, er nutze seine enge Verbindung zu Kanzler Schröder und springe mit dem Verkehrsminister fast nach Belieben um. Immer wieder machten Mehdorn-Äußerungen die Runde, die als öffentliche Brüskierung des Ministers verstanden werden mussten.

Die jüngste Schreckensmeldung für den Verkehrsminister verbreitete am Montag die "Wirtschaftswoche": Sie zitierte einen "hohen Regierungsvertreter", wonach Mehdorn dem Kanzler mit umfangreichen Aufträgen an das Not leidende Bombardier-Werk half, das Unternehmen in Halle zu retten. Als Gegenleistung habe er sich zusagen lassen, dass Bodewig nach der Wahl nicht mehr Verkehrsminister werde.

Nun ist Schröder ein zu gewiefter Politiker, als dass er sich mit einem Konzernchef auf einen solchen Handel einließe. Ein Licht auf das schlechte Ansehen des Ministers wirft die Episode trotzdem. Schließlich hat sich Mehdorn bereits gegen Bodewig durchgesetzt, der eigentlich eine schnelle Trennung von Schiene und Betrieb ankündigte und sich dann auf eine Kommission zur Prüfung einließ. Die Bahntochter Netz AG wird nun nicht, wie das Bodewig versprach, ein eigenständiges Unternehmen, sondern bleibt unter dem Konzerndach.

Sogar Politiker der eigenen Partei werfen dem Minister deshalb vor, dass er zu wenig Gestaltungswillen zeigt. Zweifel gibt es auch daran, ob Bodewig sein Ministerium im Griff hat. Dabei hatte er beim Amtsantritt Mitte November 2000 drei von fünf Staatssekretären ausgewechselt. Zugute halten muss man dem Politiker aus Neuss allerdings, dass sich vor ihm in dieser Legislaturperiode mit Franz Müntefering und Reinhart Klimmt schon zwei Kollegen an dem Ressort versuchten.

Schließlich hat Bodewig auch Pech mit seinen Gegenspielern: Sowohl Bahnchef Mehdorn als auch NRW-Ministerpräsident Clement (SPD) verfügen über den kurzen Draht zum Kanzler. Clement verlangt im Wahljahr für sein Land Sicherheit bei den Verkehrsinvestitionen des Bundes und gilt nicht eben als Anhänger der Amtsführung seines Landsmannes im Berliner Ministerium. Auch für zentrale Projekte der Verkehrspolitik gilt in dieser Regierung deshalb: Auf den Kanzler kommt es an.

Zur Startseite