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Kultur: Rot ist tot

Im Kino: eine Doku über den Künstler Mark Lombardi.

Rot ist immer schlecht. Eine rote Linie bei Mark Lombardi bedeutet: Der Mensch an ihrem Ende ist tot, bankrott oder im Gefängnis. Damit kann er nicht länger Teil jener Netzwerke sein, die der US-Künstler auf seinen zarten, entlarvenden Zeichnungen verbildlichte. Kurz nach den Anschlägen vom 11. September 2011 meldete sich das FBI im New Yorker Whitney Museum. Man wolle sich anhand einer Arbeit Lombardis über die Strukturen von Al Qaida informieren. Dabei verfügte der Kunstgeschichtler und Archivar nicht über mehr Wissen als der Geheimdienst. Er hatte das Verfügbare bloß systematisch, geradezu obsessiv lesbar gemacht. Lombardi selbst konnte das FBI nicht mehr fragen. Der rastlose Künstler hatte sich ein Jahr zuvor in seinem Atelier erhängt. Nicht wenige zweifeln bis heute am Selbstmord.

Die Regisseurin Mareike Wegener hat über diesen rätselhaften Mann eine Dokumentation gedreht. Zeitlich gerade richtig, denn auch die aktuelle Documenta-Chefin Carolyn Christov-Bakargiev wird sein Werk zeigen und Lombardi ein Stück mehr etablieren. Wegener kämpft mit einem ähnlichen Phänomen wie seinerzeit Lombardi: Was sie sichtbar machen will, wirkt – wie schmutzige Geschäfte mit Waffen, Drogen oder Schwarzgeld – lieber im Verborgenen. Der Künstler war scheu, seine ästhetischen Diagramme und die Recherchen dafür waren ihm wichtiger als der eigene Auftritt. So gibt es wenig Material – und die Regisseurin muss in „Mark Lombardi: Kunst und Konspiration“ immer wieder auf die Kommentare ehemaliger Freunde wie seines Galeristen Joe Amrhein zurückgreifen.

Dennoch macht Wegener in ihrer mit dem Ophüls-Preis prämierten Dokumentation sichtbar, was ihr auch während der Vorbereitungen wichtig war. Im Gegensatz zu den meisten Spielfilmen, in denen Korruption und Machtmissbrauch am Ende entlarvt und bestraft werden, entlässt einen ihr Porträt nicht mit dem Gutgefühl einer gerechten Welt. Lombardi hat die Verflechtungen von Politik, Wirtschaft und Kriminalität schon vor über einem Jahrzehnt sichtbar gemacht. Passiert ist nichts. Christiane Meixner

in Berlin in den Kinos Babylon (OmU), Eiszeit (OmU), Lichtblick, Sputnik (OmU)

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