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Kultur: Rotlicht als Weißlärmverstärker

ROCK

In der knallvollen Columbiahalle legt die Vorband den Verdacht nahe, man habe sich mit der Innung der Hörgeräteakustiker verbündet: erst neue Foltermethoden erproben durch Missklänge und Lautstärken, dann massenhaft Hörhilfen verkaufen. Welche Erlösung, als der unflotte Ballermann-Dreier verschwindet. Denkt man. Doch die Experimente am lebenden Objekt gehen weiter: dasselbe nochmal vom Band während der Umbaupause. Doch die Jugend ist zäh und abgebrüht. Bis zum großen Jubel für die White Stripes , das weiß-weiblich-rot-männliche Doppel aus Detroit, von dem man nicht weiß, ob sie Geschwister- oder Ehepaar sind. Meg White mit weißer Bluse, bleichem Gesicht und langen dunklen Haaren klopft wacker in ihr Schlagzeug, während Jack White im roten körperbetonten T-Shirt an der Gitarre den pausbäckigen Schwermetall-Riffer gibt, und zwischen zwei Mikrofonen hin und hersaust. „Maikrouh-phaun“ kreischt er, wobei ihm die Stimme bricht. Zorniges Gepunke im Rotlichtmilieu. Und der Versuch so zu klingen wie Robert Plant 1968, ebenso hysterisch, überdreht und manieriert. Bisschen Gegurke mit dem Bottleneck. Hässliche Versionen von Dolly Partons „Jolene“ und Leadbellys „Take A Whiff On Me“. Und ein paar nette Passagen mit Blues, Boogie, Georgel und Small-Faces-Anleihen. Während Kondenswasser von der Decke tropft, Patschhändchen, Zeigefinger, Jacken und Beine der Fans durch die Luft fliegen, beschleichen einen wehmütige Erinnerungen an die Who, Led Zeppelin und Hendrix, die das doch irgendwie besser konnten als ihre hochgejubelten Imitatoren.

H.P. Daniels

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