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Kultur: Rückblick: Neue Musik

Wenn ein japanischer, an der westlichen Avantgarde geschulter Komponist es unternimmt, mit europäischen Instrumenten dem Farbauftrag konkreter Malerei nachzuspüren, erwartet man eine Reise ins Innere der Klänge, das Weiten der Einzel-Töne zu komplexen Klanggestalten, wie sie der asiatischen Musik eigen sind. Jo Kondo enttäuscht solche Klischees.

Wenn ein japanischer, an der westlichen Avantgarde geschulter Komponist es unternimmt, mit europäischen Instrumenten dem Farbauftrag konkreter Malerei nachzuspüren, erwartet man eine Reise ins Innere der Klänge, das Weiten der Einzel-Töne zu komplexen Klanggestalten, wie sie der asiatischen Musik eigen sind. Jo Kondo enttäuscht solche Klischees. Sein gut zehnminütiges "Dawn" für Chor und acht Instrumente, das das Ensemble United Berlin und die United Voices unter der Leitung von Peter Hirsch im Konzerthaus zur Uraufführung brachten, kommt ohne Mikrotöne und geräuschhafte Spieltechniken aus. In ruhig schreitendem Tempo reiht Kondo in weiten Intervallen sacht dissonante Klangflächen aneinander, denen Klavier-Akkorde und Vibraphon-Klänge als perkussive Impulse gegenüber stehen. Der Chor fügt sich in das rhythmisch unregelmäßige Pendeln oder überwölbt das Instrumentalensemble mit langsam changierenden Liegeklängen. Diese Struktur greift die Anlage der ebenfalls "Dawn" betitelten Leinwände von Jo Kondos Ehefrau Masaco auf. Hier wie dort stehen Farbflächen neben Farbflächen und gruppieren sich Einzelelemente zu einem rhythmisch strukturierten Raster. Sei es, dass Peter Hirsch das heterogene Ensemble nicht im geforderten Bereich leiser Dynamikabstufungen zu halten vermochte, sei es, dass Kondos Partitur eher eine chorische Besetzung der Instrumentalstimmen bedürfte - der vermutlich beabsichtigte Eindruck einer fragilen Welt der Schattenklänge wollte sich bei dieser Uraufführung einfach nicht einstellen. Ein oft unglücklich instrumentierter homophoner Satz bleibt in Erinnerung, keine Anregung jedenfalls für inspiriertes diatonisches Komponieren. Umrahmt wurde die musikalische Verbeugung vor der Malerei einerseits von Cages "Ryoanji" - in einer Fassung für Flöte, Oboe, Kontrabass, Schlagzeug und Tonband hätte es größerer Ruhe und überlegterer Anwendung der Elektronikbedurft. Andererseits von Feldmans "Rothko Chapel", ein expressives Ausnahme-Werk des sonst kühl kalkulierenden Komponisten - Martin Flade spielte die "Viola in his life".

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