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Kultur: Runde Sache

Zum 80. des Künstlers Fernando Botero.

Als mollig-naiv könnte man die Figuren bezeichnen, die Fernando Botero auf seinen Gemälden pausbäckig aus der Wäsche gucken lässt. Der Kolumbianer zeigt eine Welt jenseits des Schönheitsideals: Seine Figuren erinnern an die Figuren von Rubens, wenngleich Botero seine Damen immer mit einer gehörigen Portion Ironie versieht. Erotik wiederum sucht man vergebens. So ist es bei der dicken „First Lady“ von 1967, die mit ihren gut genährten Wangen noch alberner wirkt als der Mops, der daneben vor sich herhechelt.

Ganz ernst zu nehmen ist das nicht. Auch nicht die Stierkampfszene auf dem Bild „Die Lanze“ von 1991: Der schnaufende Vierbeiner wehrt sich tapfer, während die vier Toreros mit ihren runden Gesichtern wie Flundern aussehen. Woher kommen diese irritierenden Eindrücke? Boteros Welt erscheint auf den ersten Blick wie eine Kinderfantasie. Das liegt auch an den Farben. Der 1932 in Medellin geborene Künstler verwendet viel sattes Gelb, lebendiges Grün und frisches Orange, schöpft also aus dem natürlichen Farbreservoir Kolumbiens.

Seine Werke wirken verspielt und filigran, obwohl die brüchigen Motive schwer zu entschlüsseln sind. Das führt zu kontroversen Reaktionen. Die beleibten Zirkusartisten, Polizeifunktionäre, vollbusigen Mütter und dickbäuchigen Väter können Gelächter auslösen, aber genauso gut Verstörung. Das Ergebnis ist eine Mischung aus naiver Naturromantik und aufgeblasener Zivilisationskritik, die selbst in den tonnenschweren Tierskulpturen wiederzuerkennen ist. Die bronzegegossenen Mammutwerke haben Botero berühmt gemacht. 2007 wurden 16 dieser Statuen in Berlin gezeigt und erregten eine für Botero typische Diskussion. Viele fragten sich, ob die gigantischen Pferde- und Schweineskulpturen Kunst seien oder Kitsch.

Auch eine pausbäckige Interpretation der Folterszenen von Abu Ghraib ließ Kritiker schäumen. Stilfragen lassen sich nie eindeutig beantworten. Und doch – wer genauer hinschaut, wird hinter Boteros komischer Leichtigkeit eine Tiefe erkennen, die nicht selten eine mysteriöse Wirkung entfaltet. Botero hat es selbst einmal schön in Worte gefasst: „Meine paradiesische Wirklichkeit mag vielleicht naiv sein – doch wird mein Zugang zu ihr durch ein hohes Maß an Bewusstheit bestimmt.“ Heute wird Fernando Botero, der berühmteste zeitgenössische Künstler Kolumbiens, 80 Jahre alt. Tomasz Kurianowicz

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