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Kultur: Russisch Roulette

In ihrem 15. Jahr muss die Art Moscow Pionierarbeit leisten

„Berlin grüßt Moskau“, blinkt es aus der interaktiven Videoarbeit von Aristarkh Chernyshev und Alexei Shulgin, oder mind the gap – Sätze, die als LED-Schrift über die gefilmte Fassade des russischen Regierungsgebäudes laufen. Eine Arbeit, in die, wer mag, einen Satz per SMS einspielen kann. Der erscheint dann als Botschaft auf dem „Weißen Haus“ des Moskauer Konzept-Duos, das die XL Gallery auf der diesjährigen Art Moscow gleich dreimal verkauft hat.

Im 15. Jahr der ersten, aber nicht mehr einzigen Moskauer Messe für zeitgenössische Kunst grüßt Berlin allerdings nur aus der Ferne. Galerien von der Spree scheint die im letzten Dezember von Volker Diehl ins Leben gerufene Cosmoscow abgezogen zu haben. Wie überhaupt das internationale Spektrum im „Zentralen Haus des Künstlers“ auffallend dürftig ausfällt. Mehr als zwei Drittel der ohnehin nur 39 Galerien sind einheimisch oder aus Osteuropa, die restlichen Teilnehmer haben zumeist einen russischen Hintergrund – wie Black Square aus New York oder Art & Space aus München. Während Natasha Akhmerova, Inhaberin der Barbarian Art Gallery aus Zürich, mit bizarren Video-Leuchtkästen von Marck Marck auch eine Schweizer Position präsentiert (17 000 –30 000 Euro), versucht Nadja Brykina, ebenfalls Zürich, die zweite Garde der Nonkonformisten in ihre Heimat zurückzubringen. So begegnet einem auf überschaubarem Parcours viel malerisches Mittelmaß und Gefälliges zwischen Objekt und Skulptur.

Eine spannende Einzelpräsentation zeigt die Moskauer Triumph Gallery mit Digitalcollagen von AES+F (40 000 Euro). Die 1987 gegründete Künstlergruppe ist ihrem Stil zwischen barockem und verstörend gegenwärtigem Pathos treu geblieben und verlegt Giovanni Bellinis „Allegoria Sacra“ in den coolen Cyberspace, das Fegefeuer in einen Flughafen. „Das ist nichts Gemütliches für die Wand. Die hiesigen Sammler, die sich für solche Kunst interessieren, kann man an einer Hand abzählen“, sagt Galerist Dimitry Khankin.

Auf dem Empfang vor der offiziellen Eröffnung sucht man big player wie Roman Abramovitsch oder Viktor Pintschuk denn auch vergebens. „Die russischen Sammler suchen etablierte Namen, wollen auf der sicheren Seite sein“, sagt Nina Gomiashvili. Ihre auf Fotografie spezialisierte Galerie Pobeda versteht sie als Pionierarbeit, die Messe vor allem als Kontaktbörse. Bei Jefferson Hayman hat es schon mal geklappt. Die zeitlosen Schwarz-Weiß-Arbeiten des Amerikaners (1500–3000 Euro) fanden gleich im Dutzend Abnehmer.

Aufbauarbeit muss auch Christina Steinbrecher als künstlerische Leiterin nach wie vor leisten. „Ich möchte vor allem zufriedene Galeristen und gucke, dass sie hier auch etwas absetzen können. Die russischen Sammler kaufen sehr eigenwillig – eher eklektisch und was ihnen gefällt“, sagt die 28-Jährige mit deutsch-russischen Wurzeln, die die Messe seit 2010 verantwortet. Ob die am Sonntag endende Art Moscow sich international wieder zu öffnen vermag, vor allem aber an nötiger Qualität zulegt, bleibt abzuwarten. Immerhin hat sie es, anders als das Berliner Art Forum, bis zur 15. Ausgabe geschafft.

Art Moscow, www.art-moscow.ru/en

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