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Kultur: Säulen der Gesellschaft

Neuer Glanz: Das Markttor von Milet im Pergamonmuseum ist restauriert

Die Hüllen sind gefallen und die Archäologen sind sich einig. „Das Markttor von Milet ist die heimliche Nummer eins im Pergamonmuseum“, fasst Martin Maischberger, Kustos an der Berliner Antikensammlung, die fachliche Sicht auf ein rund 1900 Jahre altes Bauwerk zusammen. Seit seiner schweren Beschädigung 1945 und der schnellen Wiederherstellung 1952/53 habe man das römisch-kaiserzeitliche Markttor von der heutigen türkischen Westküste nicht mehr in so gutem und vollständigen Zustand betrachten können. Vor wenigen Wochen fielen das Gerüst und die Staubschutzwand, die das um 120 n. Chr. entstandene Monument kommunalen Selbstbewusstseins über drei Jahre verhüllt hatten. Gestern Abend wurde der vorläufige Abschluss der komplizierten Restaurierungsarbeiten mit einem Festakt gewürdigt.

Es ist ein Etappensieg, mit beachtlicher Verweildauer. Voraussichtlich erst ab 2021, wenn der nach dem Tor benannte Miletsaal im Hauptflügel des Pergamonmuseums generalsaniert wird, soll parallel dazu mit der noch ausstehenden Reinigung der antiken Marmoroberflächen auch die Restaurierung des Tors endgültig abgeschlossen werden. 52 Millionen Euro, so Gisela Holan, Leiterin der Bauabteilung der Berliner Museen, stehen insgesamt für solche Groß- und Vor-Ort-Restaurierungen sowie den vorläufigen Umzug der knapp 500 000 transportablen Kunstgüter in Ausweichquartiere zur Verfügung. Eine Summe, die sich selbst angesichts der 380 Millionen Euro Baukosten für die Generalsanierung des Hauses hoch ausnimmt.

Das Markttor von Milet ist das am vollständigsten in einem Museum wiederaufgebaute antike Monument – weltweit. Mindestens sechzig Prozent des 29 Meter breiten und 16 Meter hohen Bauwerks aus weißem Marmor stammen aus der Ausgrabung, die Theodor Wiegand und Hubert Knackfuß 1903 begannen. Was Authentizität angeht, können da weder Pergamon noch Babylon mithalten.

Neben dem Pergamonfries – dessen Restaurierung vor vier Jahren abgeschlossen werden konnte –, dem babylonischen Ischtartor und der Fassade des arabischen Wüstenschlosses Mschatta gehört das Markttor zum Museumskonzept der 20er und 30er Jahre. Damals ist das Pergamonmuseum als weltweit einmaliges Schauhaus originaler antiker und nachantiker Architekturfragmente erdacht worden. „Ein Alleinstellungsmerkmal“, findet der neue Generaldirektor der Berliner Museen, Michael Eissenhauer. Auch die Entwurfsplanung für das Pergamonmuseum, die demnächst beschlossen werden soll, bekennt sich dazu.

Ziel der Restaurierung, die vom Architekten Jan Martin Klessing koordiniert wurde, war der Austausch schadhafter Ergänzungen in Gips und Beton, die 1952/53 eingebracht worden waren. Und die Überprüfung der Standfestigkeit: Als das Tor 1929 im Pergamonmuseum aufgestellt werden sollte, bohrte man die Säulenschäfte auf und fädelte die antike Marmorpracht auf ein Gerüst aus Stahlträgern. Ein schon damals umstrittenes Verfahren, das allerdings den Totalschaden bei der Bombardierung 1945 verhindert hat. Echte Wertarbeit, wie sich nun herausstellte. Das Stahlgerüst hält noch die nächsten hundert Jahre.

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