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SAGENHAFTES Frankfurt: Bedeutende Gespräche

Als die beiden Schriftsteller und Journalisten Benjamin v. Stuckrad-Barre und Moritz v.

Als die beiden Schriftsteller und Journalisten Benjamin v. Stuckrad-Barre und Moritz v. Uslar vor fünf Jahren für den „Spiegel“ als Partyreporter auf der Frankfurter Buchmesse unterwegs waren, beschrieben sie die alljährliche Party des S. Fischer Verlags in der Hedderichstraße als einen „anerkanntermaßen drittklassigen Empfang“. Das war nicht sehr nett. Wenngleich man sagen muss: Es gibt tatsächlich glamourösere Veranstaltungen. Den S. Fischer Verlag interessiert das aber überhaupt nicht, der macht keine Mätzchen. Der fängt nicht plötzlich an, einen coolen Club zu mieten, der macht partymäßig in der Hedderichstraße einfach immer weiter – so wie die Rolling Stones einfach immer weiter machen. Oder New Order, auch ohne Peter Hook. Und das Schöne bei S. Fischer ist: Es kommen doch alle jedes Jahr aufs Neue und drängeln sich in den Verlagsräumen, in dem zugigen Treppenhaus und in dem noch zugigeren Eingangsbereich.

Die einzige wichtige Frage ist dann nur: Bin ich, wie die Fußballer sagen, mental gut drauf? Kann ich meine Leistung auch hier wieder abrufen? Und wenn dem so ist, ist auch dieser Empfang ein erstklassiger. Das kommt halt auf den Gesprächsstoff an.

Zumal das Allerschönste bei S. Fischer ist: Am selben Tag feiert auch Joachim Unseld immer die Party seines Verlages, der Frankfurter Verlagsanstalt, und die ist anerkanntermaßen Buchmessenpartyhighlight. Denn wo kann man schon so schön nahe neben Hannelore Elsner stehen? Oder mit Bodo Kirchhoff und Ernst-Wilhelm Händler über neue Bücher reden? Oder Thomas Glavinic treffen. Oder sich so viele Raymond-Pettibon-Zeichnungen auf einmal anschauen, nur um dann feststellen zu müssen, dass Joachim Unseld zwar ein großer Raymond-Pettibon- und höchstwahrscheinlich auch ein großer Mike-Kelley-Fan ist, aber sicher kein Album der New Yorker Klassik-Noise-Rockband Sonic Youth in seinem Plattenschrank hat.

Ja, und wo kann man der jungen Autorin Nina Pauer schon einmal so entspannt erklären, dass man für ihr Generationsbuch „Wir haben keine Angst“ vielleicht doch ein bisschen zu alt ist? Oder einer anderen Schriftstellerin erläutern, dass Kritiker sich am besten mit Autoren und Autorinnen unterhalten können, deren Bücher sie nicht kennen. Oder der Kollegin von der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ vorrechnen, dass Eugen Ruge schon recht hatte, als er als gelernter Mathematiker seine Chancen beim Deutschen Buchpreis mit 1:6 taxierte?

All das geht tatsächlich nur bei Joachim Unselds FVA-Party, und da kann auch die digitale Revolution getrost kommen. Gegen so viel analoge Unterhaltung hat sie keine Chance.

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