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Kultur: Salut, Gilles Deleuze!: Intensitäten - Eine Einführung

Eine Einführung ins Denken von Gilles Deleuze? Das ist ein Widerspruch in sich.

Von Gregor Dotzauer

Eine Einführung ins Denken von Gilles Deleuze? Das ist ein Widerspruch in sich. Wie soll man eine gegen das hierarchische System gerichtete Philosophie der Vielheit, der Intensitäten und der Simultaneität dingfest machen? Die zehn Autoren von Marvin Chladas Anthologie - fast alle um die dreißig - versuchen Gott sei Dank gar nicht erst, Deleuze didaktische Zügel anzulegen. In zwölf Beiträgen betreten sie sein Universum durch einige der zahllosen Ein- und Ausgänge, die er bis zu seinem Freitod 1995 in Paris angelegt hat. Der Herausgeber etwa untersucht das Verhältnis von Deleuze zu dessen Helden Lewis Carroll.

Gerd Dembowski liest ihn als Souffleur von Heiner Müller. Thomas Ernst untersucht Deleuzes Hypothese von der Kafkaschen Wörterflucht auf ihre literaturwissenschaftliche Tauglichkeit. Und Achim Szepanski entwirft mit der Popikone Deleuze eine kleine Theorie der (Pop-)Musik. Meistens ist das anregend, gelegentlich so kryptisch wie Deleuze selbst und nur ausnahmsweise ärgerlich. Vielleicht sollte man den Band lesen, wie Deleuze es für seinen "Anti-Ödipus" (mit Félix Guattari) vorgeschlagen hat: indem man ihn von hinten anfängt oder zwischen den Kapiteln herumspringt - oder auch nur die Seiten herausreißt, die einen etwas angehen. Deleuze ist ein Nietzsche auf der Höhe der beschleunigten Zeit, ein Denker, der mit seiner Vorstellung einer von Begehrensströmen mannigfach durchkreuzten menschlichen Wunschmaschine auch zur Debatte über die Schnittstellen von Mensch und Maschine einiges beizutragen hätte.

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