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Brandhorst

© dpa

Sammlung Brandhorst: Bei Tageslicht betrachtet

Von den Auseinandersetzungen um die Kunstsammlung von Udo und Anette Brandhorst mit Arbeiten von Picasso, Twombly, Warhol und Miró will in München niemand mehr etwas hören. Schon gar nicht die Regierung des Freistaats Bayern, die den 48-Millionen-Euro-Bau gestern der Öffentlichkeit vorstellte.

Das Land gibt das Geld, das Sammlerpaar die Kunst – obendrein übernimmt Udo Brandhorst einen Teil der Gesamtkosten. Im Frühjahr 2009 soll das Haus im Pinakotheken-Areal zwischen Maxvorstadt und Schwabing eröffnet werden und laut Stiftungsdirektor Armin Zweite Platz für 150 bis 200 Exponate bieten. Ihnen hat das Berliner Duo Matthias Sauerbruch und Louisa Hutton, das den Wettbewerb 2002 gewann und sich in Berlin mit dem rot leuchtenden Hochhaus an der Kochstraße einen Namen gemacht hat, ein elegantes Gebäude maßgeschneidert.

Zunächst ähnelt der Neubau einem doppelten Schuhkarton, ein Längsteil an der Türkenstraße und ein höherer Kopfbau an der querenden Theresienstraße. Doch die Fassaden machen den Bau quasi ungreifbar, bestehen sie doch aus 36000 glasierten Keramikstäben von je 110 Zentimetern Länge, geordnet in drei Farbgruppen zu jeweils sieben gebrochenen Farben. Sie setzen die Sockelzone, die Obergeschosse und den 23 Meter hohen Kopfbau behutsam voneinander ab. Hinter den Stäben befinden sich schallschluckende Dämmplatten, die den Verkehrslärm für die Anwohner mindern sollen.

Das gesamte Ensemble umzieht ein Fensterband, das mit ausgestellten Lichtelementen für erhöhten Tageslichteinfall ins Erdgeschoss sorgt. Die Sammler wünschten sich Tageslicht – also bietet das Museum in der obersten Etage herkömmliche Lichtdecken, im Erdgeschoss ein seitliches Fensterband sowie eine raffinierte Lichtführung über gewölbte Decken und verstellbare Lichtsegel, und im Untergeschoss fällt das Licht durch Gitterroste im Rasenparterre. Zusammengehalten werden die drei Ebenen durch eine großzügige, freitragende Treppe, üppig mit Eichenholz verkleidet.

Als Ausstellungsfläche stehen 3200 der insgesamt 12000 Quadratmeter zur Verfügung. Spektakulär nimmt sich schon jetzt der polygonale Saal für den zwölfteiligen „Lepanto“-Zyklus von Cy Twombly aus – ein neun Meter hoher Raum, der die Bilder als fortlaufende Erzählung wird erleben lassen. Die übrigen Säle (65 bis 460 Quadratmeter) sind rechtwinklig, gleichmäßig belichtet, für jedwede Kunst vor allem größeren Formats geeignet. Und das ganze Haus ist durch ein neuartiges System der Wärmespeicherung gleichmäßig und kostenminimierend klimatisiert.

Lästerliche Zungen behaupten, dem Freistaat sei es bei der Annahme der an die Bedingung eines eigenen Museumsbauwerks geknüpften Brandhorstschen Schenkung vor allem auf die Finanzanlagen des Stiftungskapitals angekommen. Deren Erträge sind zum künftigen Erwerb zeitgenössischer Kunst vorgesehen. Das wäre der ersehnte Ausweg für die benachbarte Pinakothek der Moderne, die wie alle staatsfinanzierten Museen längst nicht mehr auf dem Kunstmarkt mithalten kann. Wie dem auch sei – München erhält nach der Neuen Pinakothek (fürs 19.Jahrhundert) und der Pinakothek der Moderne (fürs 20.) bereits den dritten Neubau binnen eines Vierteljahrhunderts.

Weiteres zum Gebäude: Sauerbruch Hutton Archive, Lars Müller Publishers, Baden (Schweiz) 2006, 344 S., 59,90 €.

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