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Sammlungen uim Westen: Eine Frage des Alters

Wer in westdeutschen Museen nach Kunst aus der DDR Ausschau hält, wird schnell frustriert. Fehlanzeige fast auf ganzer Linie.

Da gilt es auch nicht, auf die ostdeutsche Herkunft der großen westdeutschen Maler zu verweisen: Gerhard Richter, Sigmar Polke, Georg Baselitz – sie alle machten einst rüber. Bis auf Gerhard Altenbourg hat es nach ’89 so gut wie kein Künstler über die Demarkationslinie geschafft. Während in Literatur, Musik, Theater, Film zwanzig Jahre nach dem Fall der Mauer Ost und West kaum eine Rolle spielt, scheint in den Ausstellungshäusern die Zeit stehen geblieben zu sein. Mag sein, dass diese Beharrlichkeit der Natur der Museen entspricht, denen das Temperament des Performativen fehlt, aber an mangelndem Wissen kann es nicht liegen, denn Ausstellungen gab es in den vergangenen Jahren genug.

Julian Heynen von der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf erklärt das Fehlen wichtiger DDR-Positionen mit der westdeutschen Orientierung seines Museums. Am Ende werde sich erweisen, was vor der Kunstgeschichte bestehen werde. „Wir Deutschen neigen dazu, alles ideologisch zu sehen“, sucht er auf Abstand zum heiklen Thema zu gehen und empfiehlt, sich mit Begriffen wie Peripherie und Zentrum anzunähern.

Auch Kasper König vom Kölner Museum Ludwig reagiert auf Anfrage eher reserviert. Sein Haus besitzt durch den Sammler Peter Ludwig zwar einige größere Werke, zu sehen sind indes nur der im westlichen Kanon akzeptierte Altenbourg sowie ein Werk von Mattheuer und zwei Bilder des Penck-Freundes Peter Herrmann. Das große Kölner Tübke-Bild ist gerade nach Leipzig entliehen. Den einst geäußerten Verdacht, er halte die DDR-Kunst unter Verschluss, weist König von sich. Ein Museum bestehe schließlich aus Schausammlung und Depot.

Bedenklich stimmt die Feststellung von Bernhard Schwenk von der Münchner Pinakothek der Moderne, dass bei der jüngeren Kuratorengeneration das Thema schlichtweg ausgeblendet sei. Sie beschäftige sich eher mit neueren Positionen wie Neo Rauch und Olaf Nicolai, die nur noch ihren Ursprung in der ehemaligen DDR haben. Das legt die Befürchtung nahe, dass sich die Kennerschaft um Kunst aus der DDR irgendwann aus Altersgründen erledigt haben könnte.

In Berlin gibt es weniger dieser Berührungsängste. „Mich interessiert nicht political correctness, nur Qualität,“ erklärt Udo Kittelmann. Der neue Direktor der Nationalgalerie verspricht, auch Tübke zu zeigen, wenn die ständige Sammlung im Mies-van-der-Rohe-Bau wieder hängt. Wie viel Ost- und Westkunst tatsächlich gemeinsam haben, wird im Herbst die Ausstellung „Kunst und Kalter Krieg“ im Deutschen Historischen Museum beweisen. Für Tauwetter ist es nie zu spät. Nicola Kuhn

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