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Adel berichtet (46): Taxi unchained

Jedes Wochenende erzählt Stefan Stuckmann, wie unser Redaktionspraktikant Cedric zu Guttenberg die Stadt erlebt. Heute: Taxi unchained, ein neues Drehbuch für Hollywood.

Als Journalist muss man ja vom Schreiben her quasi zirkulär talentiert sein, also in alle stilistischen Himmelsrichtungen zumindest prinzipiell begabt. Als mein Jungdackel Taxi und ich diese Woche plötzlich die Idee haben, die Geschichte des BER in einem Drehbuch zu verarbeiten und nach Hollywood zu verkaufen, räumen wir deshalb sofort den Esstisch leer, bauen unsere Notebooks auf und bestellen bei Ebay zwei Regiestühle. „Brainstorming“, rufe ich anschließend, und sofort zieht sich Taxi seinen Motorradhelm auf, klettert aufs Sofa und springt kopfüber auf den Parkettboden. Kreativitätstechniken waren halt noch nicht dran in der Hundeschule. Doch zwei Proseccoflaschen später sprudeln die Ideen nur so aus uns heraus, und als wir am nächsten Morgen die 300 Seiten noch mal quer lesen, stehen uns Tränen in den Augen: definitiv Oscar-Material!

So, und jetzt exklusiv schon mal ein kleiner Vorgeschmack: Aufblende, die BER-Baustelle, mitten in der Nacht. Alleine auf dem Tower: eine Frau! Die junge Rose ist aufstrebende IT-Systemelektronikerin und will sich aus Verzweiflung über das Projektmanagement von Rainer Schwarz in den Abgrund stürzen. Der Wind weht durch ihre Haare, als plötzlich der einfache Entrauchungsanlagen-Filterwechselangestellte Jack auftaucht. Ein paar sanfte Worte, schon ist Rose gerettet. In ihren Augen: Dankbarkeit. Doch ein Wiedersehen? Unwahrscheinlich: Rose ist IT-Technikerin, Jack arbeitet an der Entrauchungsanlage – zwei Welten, die am BER nichts miteinander zu tun haben. Aber dann: große Gefühle! Rose kann Jack nicht vergessen und klettert in einen Lüftungsschacht, wo beide sich näher kommen. Doch schon ziehen dunkle Wolken auf: Rainer Schwarz kriegt mit, dass Rose sich mit einem einfachen Filterwechselangestellten trifft, und stellt die anstehende Beförderung infrage. Dann geht es ein wenig hin und her – ich will jetzt nicht zu viel verraten – bis zum Schluss der BER aufgrund einer geplatzten Fliese ächzend im Berliner Sand versinkt.

Jetzt ist Taxi gerade mit dem Drehbuch los, um sich unter einer silbernen Speiseglocke ins Hotelzimmer von Quentin Tarantino zu schmuggeln. Schon toll, wie er sich reinhängt, aber unter uns: Ich weiß gar nicht, ob jemand wie Tarantino für meine subtilen Dialoge der Richtige ist: „Redest du mit mir?“, schreit Rainer Schwarz im großen Finale sein Spiegelbild in einer Kerosinpfütze an. Am Horizont küsst Jack seine Rose und flüstert: „Uns bleibt immer noch Tegel!“

Hochachtungsvoll,

Ihr

Stefan Stuckmann

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