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Adel berichtet (63): Angestachelt vom Erfolg

Stefan Stuckmann zeichnet auf, wie unser Redaktionspraktikant Cedric zu Guttenberg die Stadt erlebt. Heute: Bahnbrechende Ideen auf dem Kakteenfest.

So ist das mit Innovationen: Erst wird man verlacht, muss in der Kantine allein sitzen und auf der Toilette immer die Hand am Hosenbund halten, weil von außen vielleicht wieder jemand mit einem 2-Euro-Stück das Schloss auf Grün gestellt hat. Aber kaum stellt sich heraus, dass man die ganze Zeit richtig lag, da steht der Chef am Schreibtisch und fragt, ob man am Vatertag schon Pläne hätte. „Zufällig ...“, sage ich, räuspere mich und trete sanft gegen das Tischbein, und sofort schnellt die Schreibtischschublade auf, springt mein Jungdackel Taxi hervor und reicht mir den roten Leitz-Ordner mit der fertig ausgearbeiteten Route für einen Bierbike-Ausflug in die Uckermark. Aber wie das Leben so spielt ... Weil meine bahnbrechende Twitter-Aktion vom Theatertreffen letzte Woche bei der jungen Crowd im Netz die Daumen quasi im Dutzendpack eingesammelt hat, will mich der Chef ausgerechnet am Vatertag auf ein weiteres Großereignis schicken: die Berliner Kakteentage! „Warte“, sage ich, als ich mit Taxi einen Tag später das Neue Glashaus im Botanischen Garten betrete, und nehme ehrfurchtsvoll meinen Bierhelm ab. Kakteen, so weit das Auge reicht! Wie viele? Total viele! Unter uns: Taxi wollte die Zahl eigentlich genauer recherchieren, ist beim Zählen aber immer mit der Pfote gegen die Stacheln gekommen. Doch bevor wir loslegen, eine kurze Pause im Sinne des Vatertags: Als niemand hinschaut, schleichen wir uns an eine große Agave, aus der bekanntlich Tequila gewonnen wird, streuen Salz und Zitrone auf ein Blatt und stecken zwei Strohhalme hinein. „Merkst du schon was?“, frage ich Taxi nach drei Minuten. Taxi schüttelt seinen schon rot gefärbten Kopf, als plötzlich die Agavenblüte aufklappt – zum ersten und letzten Mal in diesem Jahrhundert! „Schnell“, rufe ich und ziehe mein iPhone aus der Tasche, „hol die Nebelmaschine!“

Als Taxi zurückkommt, hänge ich an den dünnen Bewässerungsrohren über der Kaktus-Landschaft und streame in Full-HD-Qualität auf den Online-Videorekorder vom Chef. Taxi schaut mich mit aufgerissenen Augen an, aber ein knirschendes Geräusch überdeckt sein Gebell. „Was?“, rufe ich. „Was biegt sich durch?“ Gut, mit ein paar Stunden Abstand muss ich sagen, dass die 800 Pflaster extrem stören, dafür aber meine Migräne, mein Reizmagen, der Heuschnupfen und meine Plattfüße komplett kuriert sind. Und ich dachte immer, Akupunktur sei Humbug.

Hochachtungsvoll,
Ihr

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