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Adel berichtet Folge  56: Über Schall

Stefan Stuckmann zeichnet auf, wie unser Redaktionspraktikant Cedric zu Guttenberg die Stadt erlebt. Heute: Schallschutz für Berliner Clubs liefern künftig die Hausbauer.

Mein Jungdackel Taxi und ich sind zwar durchaus offen für elektrische Musik, und wenn wir freitags auf Rolle gehen, dann schmeiße zumindest ich mir auch ein paar Pillen ein – schließlich blühen angeblich gerade Erle und Hasel, und es reicht ja, wenn einer von uns eine feuchte Nase hat. Aber generell sehen wir uns eher als Chronisten, die aus dem Schatten ihrer Piña Colada heraus Buch führen. Leute, die sich im Berghain nicht halbnackt an fremden Menschen reiben, sondern lieber mit der Reiseschreibmaschine auf dem Damenklo sitzen.

Trotzdem waren auch wir erleichtert, als jetzt im Senat endlich eine Vorlage zum Schutz der Berliner Clubszene die Runde machte: Wenn über oder neben einem Club gebaut oder saniert wird, dann soll bald der Bauherr für den Schallschutz zuständig sein, nicht der bereits ansässige Club. Taxi und ich unterstützen diese Idee, weil nur so die kulturelle Dynamik erhalten werden kann, die für eine erfolgreiche Gentrifizierung wirtschaftlicher Schwellenkieze so wichtig ist.

Aus meinem Traumtagebuch weiß ich, dass meine Kolumne vor allem von Entscheidern und Immobilienbesitzern gelesen wird – Ehrensache also, dass ich die heutige Folge nutze, um Ihnen den aktuellen Wissenstand im Bereich der Schallisolierung nahezubringen.

Während Taxi mit den Vorderläufen die Rollleiter durch den Lesesaal der Staatsbibliothek schiebt, versuche ich mich zwei Meter höher zu orientieren: „Archäologie“, lese ich und drehe mich um zu Taxi. „Weiter noch! Wir brauchen I wie Immobilien!“

Als wir zwei Stunden später bei „Theologie“ ankommen, wirft Taxi mir wütend vor, ich hätte seit „Ethnologie“ nur noch Augen für die Bibliothekarin gehabt. Am Ende einigen wir uns darauf, einfach 400 Bücher nach dem Zufallsprinzip zu leihen – wird schon was dabei sein!

Doch während ich daheim die Bücher vor dem Fenster stapele und plötzlich der Straßenlärm Buch für Buch weniger wird, wird mir mal wieder bewusst: Es kommt echt nicht auf den Inhalt an. Wobei die Westbücher doch etwas besser dämmen als die aus der DDR. Aber ist ja logisch, das schwere Papier haben sie damals in den Autos verbaut.

So, und jetzt muss ich noch weiter zu Hartmut Mehdorn. Mir ist nämlich gerade eingefallen, dass wir uns den BER-Schallschutz – ob mit oder ohne Bücher – komplett sparen können, wenn wir einfach den Flughafen in Schönefeld rückwirkend zum Club erklären ...

Hochachtungsvoll,

Ihr

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