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Kultur: Schau im Datenstau

Viele Klicks, viele Probleme: Zum Start der Internet-Messe VIP Art Fair

Der Champagner auf dem heimischen Sofa wurde dann doch bei vielen schal. Wer sich vergangenen Samstag wie Tausende andere pünktlich zur Eröffnung der ersten Internet-Messe VIP Art Fair einloggen wollte, der fühlte sich bald an die beschwerlichen Anfänge der Netzkommunikation erinnert. Erfolglose Einloggversuche, endlose Ladezeiten, irritierende Nachrichten, Fehlermeldungen, defekte Chatfunktionen, fehlgeleitete Sammleranfragen, kurzum: ein technisches Desaster.

Dabei hatte es vielversprechend begonnen. 138 führende Galerien für zeitgenössische Kunst aus 30 Ländern waren mit über 2000 Künstlern und einem Bestand von 7500 Werken zur ersten virtuellen Kunstmesse angemeldet; darunter illustre Händler wie Hauser & Wirth, David Zwirner, Gagosian, White Cube und Max Hetzler. Alle teilten die Hoffnung auf neue Interessenten. 50 Werke wurden mit einem Schätzwert von über einer Millionen US-Dollar und 100 Werke auf unter 5000 US-Dollar angegeben – ein Angebot für jedes Portemonnaie. Mit 90 teilweise raumfüllenden Installationen, 75 medialen Arbeiten, 360 Fotografien, 500 Gemälden, 500 Skulpturen und 100 Zeichnungen versprach die Messeleitung ungewöhnliche Vielfalt. Namen wie Richard Prince, Francis Bacon, Sarah Lucas, Lucien Freud, Damien Hirst oder Neo Rauch sollten Sammler locken und für hohe Qualität bürgen. Entsprechend hatten sich Besucher aus 126 Ländern, darunter die für viele Galerien interessante Klientel aus China und Russland, als Besucher im Voraus angemeldet.

Besonders geworben wurde mit den ausgefeilten interaktiven Funktionen für die Besucher mit VIP-Pass, die an den ersten Messetagen immerhin 100 US-Dollar bezahlten: mit Galeristen chatten, in private rooms exklusive Angebote durchforsten, mithilfe in der virtuellen VIP-Lounge hinterlegter Messerundgänge auf den Spuren von Prominenten wandeln. Vor allem die Chatfunktion sollte den sozialen Charakter einer Messe garantieren. Sie aber wurde mittlerweile wegen gravierender technischer Probleme ausgeschaltet. Die erste Internetmesse – ein Flop?

Der Berliner Galerist Max Hetzler sieht das anders, für ihn ist die VIP Art Fair, abgesehen von den unbestreitbaren technischen Anfangsschwierigkeiten, ein Erfolg: „Das ist eine Messe mit Zukunft, davon bin ich überzeugt. Mittlerweile liegen uns präzise Zahlen darüber vor, wie viele Leute welche Künstler angeklickt haben und wie intensiv sie die Zusatzangebote zu den jeweiligen Künstlern genutzt haben.“ Tatsächlich beeindrucken die Zahlen erst einmal: 291 476 Besucher hatten sich bis Dienstagabend eingeloggt, Kunstwerke wurden über vier Millionen Mal betrachtet und die Zoomfunktion wurde 220 416 Mal verwendet.

Neben den ihm bekannten Sammlern, so Hetzler, sei er mit etlichen „extrem gut informierten“ Kunstinteressierten aus aller Welt, vor allem aus Lateinamerika, ins Gespräch gekommen. Dass es sich um kein Familientreffen handelt, sondern ein neues globales Netzwerk geknüpft wird, bestätigt auch Gregor Hose, der Manager der Galerie Johann König. Zur Freude der Galerie habe sich gleich zur Vernissage ein Käufer für die große Installation von Natascha Sadr Haghighian gefunden. Nach den ersten Messetagen lasse das Interesse inzwischen allerdings spürbar nach, und es sei bedauerlich, dass man „nicht abschätzen“ könne, ob es „an den technischen Problemen oder daran liegt, dass wie bei den meisten Live-Messen die Anfragen nach den ersten Tagen sinken“.

So gelassen nahm die dritte Berliner Galerie, Sprüth Magers, den teilweisen Ausfall der Online-Messefunktionen nicht hin. Auf die Erfahrungen mit der VIP Art Fair befragt, ließ die Galerie verlauten: Wegen großer technischer Probleme mit der Kommunikationsplattform „Besucher-Galerie“ sei eine Kontaktaufnahme über die Messe kaum möglich gewesen. Daher könne man bislang keine Bilanz zur VIP Art Fair ziehen – bloß die, dass sie nicht funktioniere.

www.vipartfair.com, noch bis 30.1.

Angela Hohmann

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