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Schloss Hubertusburg: Das "sächsische Versailles": Karawane zu Saus und Braus

Nur vier Jahre konnte August III. von Hubertusburg aus Polen, Litauen und Sachsen regieren, dann plünderten die Preußen das Schloss. Zum 250. Jahrestag des Friedens von Hubertusburg erlebt die Jagdresidenz eine befristete Renaissance.

Es ist eines der größten Jagdschlösser Europas, eine Anlage von gigantischen Dimensionen und doch ist Schloss Hubertusburg in Wermsdorf – gelegen zwischen Leipzig und Dresden – heute nahezu unbekannt, ein vergessenes Bauwerk mit einer prächtigen, aber auch traurigen Geschichte. Erstaunlich, dass man im Jahr 2013 in Sachen Schlössern in Deutschland immer noch eine Entdeckung machen kann. Schloss Hubertusburg macht staunen.

Eigentlich ist es für Wermsdorf, selbst für Sachsen eine Nummer zu groß, legt man den deutschen Maßstab an. Der kleine Ort Wermsdorf verfügt schon über ein Renaissance-Jagdschloss, in dem heute die Stadtverwaltung untergebracht ist, doch August dem Starken war es zu umständlich, dieses Jagdschloss zu modernisieren. So ließ er für seinen Sohn ein neues, größeres Schloss auf einer Anhöhe planen, die Bauarbeiten begannen 1721. Als August der Starke starb und sein Sohn August III. die Macht übernahm, wählte er Schloss Hubertusburg zu seiner zweiten Residenz. Johann Christoph Naumann hatte dieses monumentale Schloss geplant und gebaut. Zuerst war es eine dreiflügelige Anlage, die sich zu einem Cour d’Honneur, einem Ehrenhof, öffnete.

Als 1733 August III. den Thron bestieg, schien ihm Hubertusburg zu klein für seine Ambitionen. Er beauftragte den Oberlandbaumeister Johann Christoph Knöffel, das Schloss zu erweitern. Die U-förmigen Seitenflügel wurden nun H-förmig links und rechts erweitert. Entstanden ist ein beeindruckendes Ensemble, das zunächst für einen Kurfürsten von Sachsen als Jagdresidenz völlig überdimensioniert erschien.

Aber August der III. war auch König von Polen und Großherzog von Litauen sowie Kurfürst von Sachsen. Betrachtet man seine Ambitionen aus europäischer Perspektive, versteht man schon eher, warum er in Wermsdorf mit der Erweiterung von Hubertusburg so auftrumpfen musste. Dresden war zwar prächtig und pompös, doch ein Schloss, eingezwängt in der Stadt, erlaubte keine großzügige Gestaltung mit Garten und Jagdrevier. Da kam ihm der Bau von Schloss Hubertusburg schon gelegen. Diese mächtige Anlage war zwar offiziell „nur“ ein Jagdschloss, aber da August III. ein begeisterter Jäger, Freund der Oper und Gastgeber prächtiger Feste war, hielt er sich auch gerne im Sommer bis in den späten Herbst mit seinem gesamten Dresdner Hofstaat auf Schloss Hubertusburg auf.

Das heißt, wenn August III. dort weilte, wurden von Hubertusburg aus Sachsen, aber auch Polen und Litauen regiert. Logistisch ein irrwitziges Unternehmen, denn rund 2000 Menschen mit Wagen und Pferden machten sich in einer Karawane von Dresden nach Wermsdorf auf, um sich in den Räumlichkeiten von Schloss Hubertusburg einzurichten. Natürlich reichten die Örtlichkeiten nicht aus, so dass auch in der Umgebung des Schlosses Bedienstete untergebracht werden mussten.

Auch die Diplomaten, die am Hofe in Dresden akkreditiert waren, sahen sich gezwungen, der Karawane nach Wermsdorf zu folgen, was manch angenehme Begleiterscheinungen mit sich brachte. August III. war bekannt für seine ausschweifenden Feste, seine ambitionierten Opernaufführungen und seine üppigen Jagdgesellschaften. Wer mitreden wollte, musste im Sommer auf Schloss Hubertusburg sein.

„Dort repräsentierte der König von Polen August III. mit dem größten Aufwand, dort war er am glücklichsten. Seine ganze Familie versammelte er dort, alle fremden, an seinem Hof residierenden Minister folgten ihm dorthin, auch alle bürgerlichen und militärischen Würdenträger seines Staates und alle irgendwie angesehenen Fremden, die sich zur Zeit der Jagdsaison in Dresden aufhielten. Alle diese Leute wurden vom König untergebracht, bewirtet und ausgehalten, und das Leben, das man in Hubertusburg führte, konnte wirklich köstlich genannt werden“, berichtete Stanislaw August Poniatowski, der später der letzte König von Polen werden sollte.

Grüner Diamant statt Artillerie

Im Schloss sind Jagdzubehör sowie Zeichen der Hofhaltung zu sehen.
Im Schloss sind Jagdzubehör sowie Zeichen der Hofhaltung zu sehen.

© Rolf Brockschmidt

Vor allem der Parforce-Jagd wurde in den Wäldern um Schloss Hubertusburg gefrönt, keine besonders appetitliche Veranstaltung, denn das Wild wurde zu Tode gehetzt. Allein für diese Form der Jagd waren 250 Hunde, 100 Pferde und viele Helfer und Jäger nötig. Aber damals war es ein standesgemäßes gesellschaftliches Großereignis, das von glanzvollen Festen und Musikaufführungen begleitet wurde. Diese üppige Hofhaltung, die August III. pflegte, um im europäischen Konzert der Großmächte mithalten zu können, hatte ihren Preis.

August III. war an militärischem Ruhm nicht gelegen, er gab sein Geld für die Kunst aus, was sympathisch ist, aber problematisch wird, wenn die Sicherheit des Landes in Gefahr gerät. So hatte der preußische König Friedrich II. schon im 2. Schlesischen Krieg bemerkt, dass August III. bei der Belagerung von Brünn die angeforderte Verstärkung der Artillerie abgelehnt hatte und stattdessen 400 000 Taler für einen großen grünen Diamanten gezahlt hatte. Nach den beiden Schlesischen Kriegen glaubte August III., durch Diplomatie und Abrüstung den Frieden sichern und seine Staatsausgaben beherrschbar machen zu können. So verringerte er sein Heer von 30 000 auf 17 000 Mann.

Am 29. August 1756 überfiel dann der Preußenkönig mit 66 374 Soldaten Sachsen. Damit war die vierjährige Periode der glanzvollen Feste auf Schloss Hubertusburg vorbei. Als Vergeltung für die Plünderung des Schlosses Charlottenburg durch sächsische Ulanen in österreichisch-russischen Diensten plünderten preußische Truppen Hubertusburg in einer penibel geplanten Aktion, dabei wurden weder das Kupfer vom Dach noch die Türklinken übrig gelassen. Damit war das Schicksal des Schlosses 1761 besiegelt, in dem dann noch einmal internationaler Glanz erstrahlte, als 1763 der Friede von Hubertusburg hier geschlossen wurde und damit den Siebenjährigen Krieg beendete.

Das Schloss verlor an Bedeutung, wurde Lazarett und Psychiatrische Einrichtung und stand seit 1991 leer. Der Wermsdorfer Bürgermeister Matthias Müller ergriff mit Blick auf das Friedensjubiläum die Initiative und bewegte den Freistaat dazu, die Schlossfassaden zum Ehrenhof zu restaurieren und in der Beletage sechs Räume wieder begehbar zu machen. Dort haben die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden in einer beispielhaften kleinen, aber feinen Ausstellung die Zeit der höfischen Jagd, das prunkvolle Hofleben und den Friedensschluss von Hubertusburg in sechs Räumen ausgestellt.

Raue Wände vermitteln den Charme der Ruine, seidenbespannte Wandpanele und kunstvoll ausgeleuchtete Vitrinen setzen die kostbaren Meißener Porzellane, die kunstvoll verzierten Prunkwaffen in Szene und lassen für rund fünf Monate ahnen, was sich hier vor mehr als 250 Jahren abgespielt haben muss. Der Ausstellung ist großer Zuspruch zu wünschen, denn sie ist ein Test, der mit darüber entscheidet, welche Zukunft diesem Juwel europäisch-sächsischer Schlossbaukunst beschieden ist. Der Besucher kann quasi mit den Füßen abstimmen. Das hat man nicht alle Tage in Deutschland.

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