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Schlossparktheater

© Imago

Schlossparktheater: Steglitzer Kreiseln

Wie der Schauspieler Cuco Wallraff das Schlossparktheater wiederbeleben will. Der Moment ist günstig, denn Steglitz wird immer beliebter.

Die Bushaltestelle „Schlossparktheater“ gibt es noch. Eine Station nach Rathaus Steglitz hält der M48 vor dem neoklassischen Bau mit den ionischen Säulen. Doch der Vorhang ist hier schon lange nicht mehr hochgegangen. Im Sommer 2006 machte der letzte Mieter der Traditionsbühne, der holländische Unterhaltungskonzern Stage Entertainment, den Laden dicht: Zwei Jahre zuvor war man mit dem Ziel gestartet, in dem 500-Plätze- Haus neue Musicals auszuprobieren, mit spannenden Stücken zu experimentieren. Doch der Betrieb rechnete sich nicht. Stage Entertainment entschied, bis zum Ende des mit dem Senat geschlossenen Mietvertrags im Sommer 2009 zu zahlen, das Gebäude aber leer stehen zu lassen.

Jetzt aber hat sich ein mutiger Ritter gefunden, der das Schlossparktheater aus seinem Dornröschenschlaf wecken will: Cuco Wallraff, ein 44-jähriger Allround-Theatermann, der 1984 in Peter Zadeks „Ghetto“ an der Freien Volksbühne Berlin als Schauspieler debütierte, 1986 zur ersten Besetzung der deutschsprachigen „Cats“-Version im Hamburger Operettenhaus gehörte, dann vier Jahre im Ensemble des Deutschen Schauspielhauses war, regelmäßig in Fernsehrollen zu sehen ist, seit 1997 auch als Regisseur arbeitet, an den Kunsthochschulen von Essen und München Musical-Studenten ausgebildet hat und einen Executive Master in Arts Administration der Universität Zürich besitzt.

Nun möchte Wallraff hier in Steglitz ein Stadttheater etablieren, mit einem Programm, das für die Leute vor Ort gemacht ist: Acht Premieren pro Jahr, 275 Vorstellungen, durchgehender Spielbetrieb auch während der Sommerferien. „300 000 Menschen wohnen im Bezirk, das ist doch eine riesige Zielgruppe“, sagt er. „Wenn es gelingt, in Neukölln eine Oper zu etablieren, muss es doch möglich sein, in dieser wohlhabenden Gegend genug Zuschauer zu finden.“

Ein kleines Ensemble stellt er sich vor, zehn Leute vielleicht, junge Profis auf dem Niveau von Musicaldarstellern, die sowohl spielen als auch singen und tanzen können, dazu von Zeit zu Zeit ein TV-Gesicht oder eine Bühnengröße. Namen wie Daniela Ziegler und Elisabeth Degen fallen. Wallraff ist gut vernetzt – und vielseitig interessiert: „Ich habe ein Faible für angelsächsische Autoren“, erzählt er, „und könnte mir gut vorstellen, in Steglitz ,Endstation Sehnsucht‘ zu spielen oder ,My Fair Lady.“ Von Komponisten wie Jason Robert Brown gibt es tolle Kammer-Musicals wie „The Last Five Years“, am Broadway kommen immer wieder gute Stücke für kleine Besetzungen heraus. „Ich glaube, die Zeit des Eventtheaters geht zu Ende, heute muss man keine Kronleuchter mehr auf die Bühne krachen lassen, damit die Leute kommen. Ein festes Team von Künstlern dagegen bietet den Zuschauern viel mehr Identifikationspotenzial.“

Cuco Wallraff hat also einen Lebenslauf, eine Idee und ein Problem: Er kann weder ein dickes Bankkonto vorweisen noch einen finanzkräftigen Investor. Darum reagierte man in der Berliner Kulturverwaltung bislang auch eher reserviert auf seinen Vorstoß für eine Wiederbelebung der Steglitzer Bühne. Natürlich sei die Idee löblich, bekam er zu hören, doch dringenden Handlungsbedarf sieht der Senat in Sachen Schlossparktheater nicht. Schließlich fließen noch bis zum Sommer 2009 jährlich 84 760 Euro als Mietzins in die Staatskasse. An dem bezahlten Leerstand findet selbst der Rechnungshof nichts zu meckern.

Während also Kulturstaatssekretär André Schmitz stolz verkündet, Berlin investiere „Millionen in seine Kultur“, während nicht nur bei den Opern, sondern auch bei der Schaubühne, dem Hebbel am Ufer oder dem Grips-Theater die Etats angehoben werden, will der Senat für die Inbetriebnahme des Schlossparktheaters keinen Cent locker machen. Dabei ist Wallraff kein Traumtänzer, sondern einer, der was vom Kulturmanagen versteht. Und es gibt derzeit keinen weiteren Bewerber, der es sich zutraut, das Haus zu reanimieren.

Auf Wunsch der Verwaltung hat Cuco Wallraff sogar schon einen Wirtschaftsplan bis 2014 vorgelegt. Er kalkuliert äußerst günstig, will inklusive Künstlergagen mit 150 000 Euro Anschubfinanzierung auskommen, sei es in Form von staatlicher Hilfe, sei es durch Geld aus der Wirtschaft. „Die Infrastruktur ist in gutem Zustand, erst 2005 wurde das Haus für fast eine Million Euro saniert. Im Kassenbereich fehlen zwar die Ticketcomputer, aber sonst ist das Haus spielbereit.“ An Sponsoren aber kommt Wallraff allerdings erst dann heran, wenn er vom Senat ein offizielles Okay für den Neustart hat.

Ein Teufelskreis für den tatendurstigen Theatermann. Dabei scheint der Moment so günstig: Denn Steglitz holt derzeit im innerstädtischen Ranking mächtig auf, vor allem mit der runderneuerten Schlossstraße. Vor kurzem wurde ein neues Shoppingcenter am Walter-Schreiber-Platz eröffnet, Karstadt wird renoviert, das alte Wertheim soll bis 2011 durch eine gigantische Mall ersetzt werden. Vor allem aber zieht das „Schloss“ am Rathaus Steglitz die Leute an. Und das liegt in Sichtweite des Schlossparktheaters. An Laufkundschaft dürfte es also nicht mangeln, wenn Wallraff mit seinem Spielplan auch nur halbwegs richtig liegt. Zusammen mit dem bezirklichen Veranstaltungshaus in der Schwartz’schen Villa, dem für Ausstellungen genutzten Steglitzer Gutshaus und dem direkt ans Schlossparktheater angrenzenden „Adria“-Kino könnte hier ein echtes Südwestberliner Kulturforum entstehen. Dann hätte auch die Bushaltestelle des M48 endlich wieder ihren Namen verdient.

Cuco Wallraff, 1963 in Solingen geboren,

arbeitet als Schauspieler, Regisseur und

Ausbilder für Musical- Studenten. Jetzt will der vielseitige Wahlberliner in Steglitz

Kultur machen.

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