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Kultur: Schluss mit lustig

OPER 2

Das Brautpaar, für dessen Hochzeit Telemann vor knapp 300 Jahren seine Pastorelle en musique schrieb, hätte an der Version von Vegard Vinge vermutlich nicht viel Freude gehabt: Gerade als die störrische Nymphe Caliste nach ausgiebiger Ziererei den liebeskranken Schäfer Damon erhören will, lässt der junge norwegische Regisseur einen gewaltigen Sturm dreinfahren, der aus dem arkadischen Idyll des Schäferspiels Kleinholz macht und die Party gründlich vermasselt.

Im Rahmen ihrer neuen Studio-Reihe für den Sänger- und Regienachwuchs hatte die Komische Oper Telemanns zweistündige Festoper aus dem Archiv der Singakademie auf die Bühne des Meistersaals geholt und die Produktion sogar mit Alt-Star Jochen Kowalski als Publikumsmagneten bestückt (wieder am 20., 22. u. 24.1.). Doch das eigentlich clevere Konzept geht diesmal nicht auf: Das fett besetzte Orchester der Komischen Oper spielt unter Florian Heyerick bloß soliden Basis-Barock, Kowalski zeigt den nicht sehr stilsicheren Jungsängern, dass sie keine Angst vor falschen Tönen haben müssen, und der Regisseur bürstet das anmutige Spiel wenig überzeugend zum blutspritzenden Seelendrama um – die Nymphen und Schäfer auf der Bühne sind allesamt therapiebedürftig und laborieren schwer an der Kluft zwischen barocker Traumwelt und den Gemütsverkrüppelungen der modernen Existenzen.

Der Abend dümpelt auf dem Niveau einer mittelprächtigen Hochschulaufführung dahin und zeigt nicht zuletzt, dass im Bereich der Alten Musik die Maßstäbe inzwischen hoch sind: Gruppen wie die Batzdorfer Hofkapelle servieren Telemanns geistreiche Musik weit spritziger, und um zu erleben, wie der Geist barocken Unterhaltungstheaters mit lockerer Hand und frechem Witz gegenwartstauglich gemacht werden kann, muss man eben doch in die Neuköllner Oper gehen.

Jörg Königsdorf

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