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Kultur: Schöne Pause

Eine Pergolesi-Entdeckung: Oper im Britzer Park

Proserpina und Pluto, Venus, Mars und Jupiter – das sind so Instanzen klassischen Bildungsgutes, mit denen die Oper der heiteren Gattung Intermezzo umspringt. Es ist ein Springen und Singen, Spiel und Gegenspiel der Geschlechter zu keinem anderen Zweck, als dass Frau und Mann sich unterhaltsam austoben und wieder versöhnen. So trägt es sich in den Intermezzi zu, wie sie sich in Italien als Zwischenspiele zur Opera seria entwickelt und zur Opera buffa geführt haben. Als deren Begründer gilt der in der Musikgeschichte meteorhaft aufleuchtende, früh gestorbene Giovanni Battista Pergolesi mit seiner „Serva padrona“. Diese Neuerscheinung überstrahlt bis heute die ernsten Opern des Komponisten.

Dem Berliner Festival Schloss Britz ist es gelungen, seinem Publikum ein anderes Pergolesi-Intermezzo nachhaltig zu vermitteln, in dessen Text (deutsch: Bettina Bartz und Jürgen Hinz) sich die obengenannten Anspielungen finden. Der köstliche Pausenfüller heißt „Livietta und Tracollo“. Worüber sich die beiden Titelfiguren, eine junge Bäuerin und ein Gauner, streiten und fetzen, bleibt relativ egal: „Das ist ja wohl die Höhe, die Frau soll dich bedienen“, singt sie, und er „Grausame, du wünschest meinen Tod“.

Schnell vergisst man, dass die erwartete Kulisse mit Planen verhängt ist, weil die Schlossfassaden renoviert werden. Denn die Atmosphäre des Parks, in dem zwischen den beiden Teilen des Intermezzos zusätzlich stimmungsvoll musiziert wird, dringt in die Inszenierung Tatjana Reses auf der Terrasse ein. Es sind Bäume mit geklebten Blättern, die aus der grünen Natur in die Künstlichkeit der Bühne von Pia Wessels zu wachsen scheinen. Und Kostüme und Requisiten ihrer Ausstattung huldigen dem staubigen Fundus der Theater wie einer Schatztruhe: Brokat, Samt und alter Sack.

Possenhaft fängt „Stachelschwein“-Kabarettist Oliver Trautwein als Faktotum der Aufführung an, um ihr amüsant als Souffleur mit Verständigungsschwierigkeiten oder als Fährmann Charon und als Theaterdirektor zu dienen. Gattungsüblich wird der Reiz von Zitaten aus dem Bereich seriöser Dramatik ausgekostet, von Wagner bis Shakespeare. Und die Regie erlaubt es sich sogar, den Hauptdarsteller an ein Baumkreuz zu nageln und mit dem biblischen Essigschwamm tränken zu lassen, bevor das „schöne Paar“ in Liebe vereint ist. Und zum Schluss in Koloraturen: Andrea Chudak und Matthias Jahrmärker sind die beiden singenden Darsteller, die ihre Rollen mit stimmlicher Klarheit und Spielfreude erfüllen. Das taktsichere kleine Streicherensemble leitet Anne Bussewitz vom Cembalo aus: Lustspielmusik mit unerwarteten Wendungen. Sybill Mahlke

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