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Kultur: Schönheitschirurg

Hollywoods Hofmaler: zum Tod des Starfotografen Herb Ritts

Bilder, hat er einmal gesagt, seien eine Art Weckruf. Wenn das stimmt, dann sind Herb Ritts’ Porträtbilder gleichsam die Fanfaren unter den zeitgenössischen Fotografien, so glänzend und gestochen scharf kommen sie daher.

Die Kunst des Fotografen Herb Ritts, der mit seinen Porträts von Stars und Politikern, den Titelfotos für Mode und Lifestyle-Magazine sowie Platten- und CD-Covers zu Weltruhm gelangte, ist die der klaren Konturen. Glamour und Glätte, geölte Muskeln, polierte Haut, Makellosigkeit: Wie kaum ein anderer hat der 1952 in Kalifornien geborene Autodidakt den Körperkult und den Hedonismus des späten 20. Jahrhunderts konserviert. Vor seiner Kamera standen Showgrößen wie Brooke Shields und Madonna, Robert de Niro oder George Clooney Modell, ebenso Politiker, von Reagan über den Dalai Lama bis Gorbatschow. Nicht selten stellt Ritts dabei das perfekte, bezeichnende Detail vor Augen, Chiffren einer modellierten Wirklichkeit. Man kennt sie alle: die aufgeblasenen Backen des Trompeters Dizzy Gillespie, den aufgerissenen Mund von Tina Turner, den kahlrasierten Schädel der frisch operierten Liz Taylor oder Jack Nicholsons unter einer Lupe vergrößertes Grinsen.

Aufgewachsen ist Herb Ritts gleich um die Ecke von Hollywood: im westlichen Los Angeles. Allerdings hatte er mit den Schönen und Reichen der Traumfabrik zunächst kaum etwas zu tun. Nach einem Wirtschafts- und Kunstgeschichtsstudium in New York arbeitete er im Möbelunternehmen der Familie und betrieb das Fotografieren als Hobby. Bis 1978, als die Geschichte mit Richard Gere passierte, die inzwischen so berühmt ist wie ihr Urheber. Ritts fotografierte den damals noch unbekannten Freund an einer Provinztankstellte und schickte die Fotos an Gere. Drei Monate später erschienen sie als große Doppelseiten in der amerikanischen „Vogue“, in „Esquire“ und „Mademoiselle“, und der Fotograf, der (noch) keiner war, erhielt telefonische Aufträge, weitere Stars aufzusuchen.

Beginn einer Traumkarriere: Ritts spezialisierte sich auf zumeist in nüchternem Schwarz-Weiß gehaltene Prominenten-Porträts, Modebilder und Aktfotografie. Zu seinen bekanntesten Werken gehören die Fotobände „Men/Women“ (1989). „Duo“ (1991), „Notorious“ (1992) und „Works“ (1996), er arbeitete aber auch als Regisseur von Musikvideos. Nicht, dass seine kühle Erotik, seine coole Show-Welt etwas Subversives hätten: Die Oberflächen seiner Körperskulpturen durchdrang Herb Ritts nur selten, und so ist sein Werk weniger Analyse als Symptom des schönen Scheins und seines Fetischcharakters.

Am Donnerstag ist der Hoffotograf von Hollywood im Alter von 50 Jahren an den Folgen einer Lungenentzündung in Los Angeles gestorben. Tsp

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