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SCHREIB Waren: Sie werden verbunden

Christine Wahl empfiehlt ihr Lieblings-Callcenter in Kalkutta

Wenn man ein Problem mit seinem neuen Handy hat, kann man sich bei Sneha beschweren. Sneha sitzt im Call Center „Descon Ltd.“ im Tausende Kilometer entfernten Kalkutta und verkauft Handys nach Deutschland und Australien. Die Branche boomt in Indien, weil immer mehr westliche Firmen ihre Call-Center-Dienste dorthin outsourcen – ein Umstand, den die Wirklichkeitsrechercheure von Rimini Protokoll schon vor drei Jahren zum intelligent unterhaltsamen Globalisierungskommentar verarbeiteten: Unter dem Motto „Call Cutta“ wurde man per Mobiltelefon von einem Call-Center-Mitarbeiter in Kalkutta auf Kieztour durch Kreuzberg geschickt. Das Verrückteste an diesem ebenenreichen Spiel mit Nähe und Distanz war, dass die entfernte Stimme aller rationalen Unmöglichkeit zum Trotz jeden Baum und jedes Büro, das man passierte, besser im Blick zu haben schien als man selbst. Nun gibt es mit Call Cutta in a Box (4. bis 6., 8. bis 10., 15. bis 17., 22. bis 24. sowie 29. und 30. April je 14-19 Uhr) eine Neuauflage.

Da nur zwei Besucher pro Stunde teilnehmen können, sollten sich Interessenten beim Hebbel am Ufer anmelden (Tel: 259 00 40). Diesmal darf man es sich im Willy-Brandt-Haus gemütlich machen, Tee kochen und die Beine hochlegen, während die Stimme aus Kalkutta immer vertrauter wird und die viel zitierte Globalisierung sich für ein paar illusionäre Momente in einem Gesicht konkretisiert. Zum Beispiel eben in dem von Sneha, 21, Wirtschaftsstudentin, Callcenternebenjobberin, manische Schuhkäuferin und Topmanagerin der Deutschen Bank Kalkutta in spe. Alles andere, so die Verheißung, liegt an einem selbst.

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