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SCHREIB Waren: Drei Worte, ein Satz

Neulich, auf der Litcologne, verriet ein sehr erfolgreicher, inzwischen fast weltberühmter Autor das Geheimnis seines Erfolges. Es lag an einer berühmten Frau.

Neulich, auf der Litcologne, verriet ein sehr erfolgreicher, inzwischen fast weltberühmter Autor das Geheimnis seines Erfolges. Es lag an einer berühmten Frau. Sie war schon bekannt, als er noch bekannt werden wollte. Er bat die berühmte Frau also, mit ihm zu einer Veranstaltung zu gehen, bei der sicher Fotografen irgendwelcher Medien anwesend sein würden. Die Sache ging auf. Wer ist dieser unbekannte Mann an der Seite der berühmten Frau? So kam er großformatig in einige Zeitungen.

„Dann“, sagte der Autor, „ist natürlich total wichtig, wie du über deinen Roman redest, wenn die Kamera läuft.“ Am besten nur in Dreiwort-Sätzen. „Ein Vierhundertseitenroman muss in einen Slogan passen: Alle Kreter lügen. Oder: Soldaten sind Mörder. Oder: Sex heilt alles. Nur als Beispiel.“

„Was war denn Ihr Slogan?“, fragte ich.

Er beugte sich zu mir und flüsterte ihn mir ins Ohr. Wow! Es war wirklich ein Hammerslogan. Ein Slogan, der sich einbrannte, der eine Art Welt-Gesetz auf den Punkt brachte, dabei fasste er nur die Handlung seines Romans zusammen. Aber mich irritierte diese Geheimnistuerei. Er hatte den Slogan in Dutzende Kameras gesprochen und mit seiner Hilfe (wenn die letzten Zahlen stimmten) 1,3 Millionen Exemplare verkauft. Warum tat er so tuschelig?

„Warum flüstern Sie?“, fragte ich.

„Aus Scham“, antwortete er.

Ich schwieg.

Er seufzte. „Ich kann nicht vergessen, dass ich auf dem Gigolo-Ticket reise. Wenn Sie verstehen, was ich meine.“

Ich wollte es auch mal mit einem Slogan probieren und antwortete:

„Als Rolf Eden der Literatur.“

Ein schmerzhaftes Zufriedenheitslächeln huschte über sein Gesicht.

„Einen Tod stirbt man immer“, sagte er.

Endlich fiel mir der Name des Duftes ein, nach dem er roch. Égoiste, von Chanel. Ich muss sagen, das enttäuschte mich. Auch der berühmte Autor schien das Interesse inzwischen etwas verloren zu haben, sein Blick huschte schon weiter, hungrig durch den Raum. In diesem Moment zog er seine Anzughose am Gürtel auf eine Art hoch, die mich an eine Figur aus einer Raymond-Carver-Geschichte erinnerte, an einen geschiedenen Handlungsreisenden ohne Bleibe, doch ich kann mich auch irren.

„Viele Wege führen nach Rom“, sagte der berühmte Autor zum Abschied, wahrscheinlich, um mich zu beruhigen.

„Ich merk’s mir“, sagte ich, um ihm einen Gefallen zu tun, aber ich glaube, er hat nicht bemerkt, dass es (mehr oder weniger) ein Dreiwort-Satz war.

Heute liest Felicitas Hoppe im Literarischen Colloquium aus ihrem neuen Roman (Am Sandwerder 5, 20 Uhr). Der Roman heißt schlicht „Hoppe“, und er handelt von einer Figur, die identisch mit der Autorin ist und gleichzeitig eine skurrile Märchenwelt bewohnt, die wir schon in vielen anderen Hoppe-Büchern fasziniert bestaunt haben.

Die Hälfte ist also gelogen. Aber auf sehr unterhaltsame und sehr raffinierte Weise.

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