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SCHREIB Waren: Kuschelpinguin trifft Supergenossin

Goethe kannte sich aus: „Ein schöner Fuß ist eine große Gabe der Natur. Diese Anmut ist unverwüstlich.

Goethe kannte sich aus: „Ein schöner Fuß ist eine große Gabe der Natur. Diese Anmut ist unverwüstlich.“ Wollen wir hoffen, dass dies am Ende der Woche noch zutrifft, denn diese verlangt dem literarisch Interessierten einige Lauferei ab. Am Freitag um 20 Uhr liest Adriana Altaras im Buchladen Bayerischer Platz (Grunewaldstr. 59) aus „Titos Brille“. Als Kind jüdischer Holocaust-Überlebender erzählt sie von ihrer „strapaziösen Familie“, die aus dem ehemaligen Jugoslawien nach Hessen übersiedelte und der Tochter ein Faible für blonde und blauäugige „Nordmänner“ bescherte.

Samstag sind dann ein Literaturmarathon und festes Schuhwerk angesagt: Es geht zur Langen Literaturnacht nach Kreuzberg. So transformieren zum Beispiel Christian von Aster, Markolf Hoffmann und Boris Koch um 15 Uhr den Bierhimmel (Oranienstr. 187) in einen Kosmos fantastischer Fabelwesen. Um 16.45 liest Jakob Hein im Ina.Kinder.Garten (Dresdener Str. 128) die Geschichte „Gute Nacht, Carola“, in der ein Kuschelpinguin attackiert wird. „Deine Sorgen möchte ich haben“, mag da mancher denken und begibt sich um 18 Uhr zu Lebensmittel Hillmann (Oranienstr. 21), wo Robert Rescue und Frank Sorge aus „Die interessantesten Bewerbungsgespräche meines Lebens“ und „Brunnenstr. 3, Berlin“ lesen. Dass die Provinz „Kein schöner Land“ ist, zeigt die Lesung von Patrick Findeis um 19 Uhr im Videodrom (Oranienstr.195). In Kreuzberg sind natürlich auch „postrevolutionäre SupergenossInnen“ aktiv: Um 19.30 Uhr lesen diese in der Galerie Mai.Foto (Dresdener Str. 18) Texte des Kollektivs Tiqqun. Ob Polinnen Berlin als schöner Land erleben oder nicht, wird man um 21 Uhr bei Lebensmittel Hillmann (Oranienstr. 21) erfahren, wo Johanna Rubinroth und Renata Borowczak das Hörstück „Kick, Krieg und Katastrophen“ präsentieren. Zeitgleich liest Jenny Erpenbeck im Max & Moritz (Oranienstr. 162) über „Dinge, die verschwinden“, zu denen aber ganz bestimmt nicht die Lieder aus Neapel gehören, mit denen die charmante Rachelina um 0 Uhr im Buchladen Dante Connection (Oranienstr. 165) den neuen Tag musikalisch einläutet.

Sicherlich ist am Samstag viel schönes Kreuzberger Prekariat unterwegs – aber was ist mit dem „Schönsten Proletariat der Welt“? Dieses scheint sich in Russland zu befinden. Am Montag um 20 Uhr lesen Alissa Ganijewa, Denis Osokin und Alexej Lukjanow in der Literaturwerkstatt (Knaackstr. 97, Kulturbrauerei) aus dem gleichnamigen Erzählband, der junge Stimmen der russischen Literatur versammelt. Lehnen wir uns entspannt zurück und blicken auf unsere Füße – und hoffen, dass sie uns weiterhin anmutig und nicht allzu ramponiert in die nächste Woche tragen.

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