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SCHREIB Waren: Reif und bekloppt

Weihnachten naht. Und damit wird, je nach Sichtweise, die Luft für Literatur dünner oder die Konzentration auf einige wenige Texte dichter.

Weihnachten naht. Und damit wird, je nach Sichtweise, die Luft für Literatur dünner oder die Konzentration auf einige wenige Texte dichter. Unangefochten behauptet die biblische Weihnachtsgeschichte ihren prominenten Platz in den Charts; an die Stelle des schnellen Lesens von Neuerscheinungen tritt das rituelle Hören einer einzigen Erzählung. Entschleunigung im Jahreslesemarathon.

Doch bevor es so weit ist, müssen wir noch mal raus in die Kälte. Zum Beispiel zu Harry Rowohlt. Der ähnelt ja optisch auch irgendwie dem Weihnachtsmann - allerdings einem, mit dem man sich lieber nicht anlegen möchte. 2011 wurde er mit dem Prix Pantheon ausgezeichnet – in der Kategorie „Reif und Bekloppt“. Ebenso ist auch die Lesung an diesem Dienstag um 20 Uhr in den Wühlmäusen (Pommernallee 2-4) betitelt, die nur den Nachteil hat, ausverkauft zu sein. Da aber manche ihre Karten dann doch nicht brauchen, sollte man – sei’s, weil man so reif, sei’s, weil man so bekloppt ist – vor Ort schauen, ob nicht doch ein Plätzchen zu ergattern ist.

Wer auf Nummer sicher gehen will, begibt sich an diesem Dienstag um 20.30 Uhr ins Kaffee Burger (Torstraße 60). Hier halten Doc Schoko und Falko Hennig einen „Radio Hochsee“-Themenabend ab, diesmal in der Angelegenheit „Von Fröschen und Menschen“. Bernd Hüppauf hat die Kulturgeschichte des Frosches verfasst, und wer jetzt ruft: Diese Kulturgeschichte endet bei mir auf dem Teller!, der irrt. Der Autor zeichnet vielmehr anhand des grünen Langbeiners die Geschichte der Zivilisation als Entfremdung des Menschen von der Natur nach. In alten Kulturen noch als Fruchtbarkeitssymbol verehrt, wurde der Frosch im christlichen Mittelalter zum Inbegriff des Bösen und Hässlichen. Die weitere Karriere zum Labortier und zur bedrohten Art stimmt auch nicht eben optimistisch. Hüppauf plädiert deshalb für ein Denken, das „den Menschen und seine Kultur fundamental ökologisch begreift“.

Solcherart nachdenklich gestimmt, können und wollen wir uns dem Weihnachtsgeschehen nicht länger entziehen. Und hier kommt natürlich der unvergleichliche Charles Dickens zum Einsatz: seine Erzählung des von den Geistern der Vergangenheit geläuterten Geizhalses Scrooge gehört zu Weihnachten wie Gans und Tannenbaum. Ein schönes Ambiente, um das Herz sprechen zu lassen, bietet das Planetarium am Insulaner (Munsterdamm 90), wo der Text am Freitag um 20 Uhr unterm Sternenhimmel gelesen wird. Danach ist lesemäßig aber a Ruah, versprochen! Allen Leserinnen und Lesern dieser Kolumne wünschen wir schöne Festtage! Und: neue Bücher unter den Baum!

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