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SCHREIB Waren: Verbieten verboten

Ein Buchhändler berichtet, dass damals, als Fundamentalisten Salman Rushdie wegen seiner „Satanischen Verse“ mit dem Tod bedrohten, das Buch nicht im Laden ausliegen durfte. Einmal war eine Kundin so aufgeregt, dass sie die zwei gefährlichen Wörter einer Buchhändlerin konspirativ ins Ohr flüsterte.

Ein Buchhändler berichtet, dass damals, als Fundamentalisten Salman Rushdie wegen seiner „Satanischen Verse“ mit dem Tod bedrohten, das Buch nicht im Laden ausliegen durfte. Einmal war eine Kundin so aufgeregt, dass sie die zwei gefährlichen Wörter einer Buchhändlerin konspirativ ins Ohr flüsterte. Ein anderer erzählt, dass in seiner Jugend noch die „Memoiren“ der Josefine Mutzenbacher auf dem Index standen. Fragte ein Kunde danach, musste der Auszubildende hoch ins Büro des Chefs, wo dieses und andere heikle Werke (zum Beispiel der gesammelte Henry Miller) in einer Art Giftschrank aufbewahrt wurden: „Ich kann nur sagen, dass für uns Azubis eine unbeschreibliche Magie von diesem Schränkchen ausging.“

So heiter und leicht wie diese Kommentare zum Thema Zensur, die das Börsenblatt auf seiner Internetseite sammelt, sind nur die wenigsten Beispiele in dem „Buch der verbotenen Bücher“ des Literaturkritikers Werner Fuld. Seine „Universalgeschichte des Verfolgten und Verfemten“ erzählt die Geschichte des Bücherverbots von der Antike bis heute.

Der inquisitorische Eifer, der die Kirchenväter im Mittelalter dazu verleitete, die Erkenntnisse der Naturwissenschaften zu unterdrücken, ist bekannt. Weniger bekannt ist vielleicht, dass Bret Easton Ellys „American Psycho“ in Deutschland erst zehn Jahre nach Erscheinen frei verkauft werden durfte und für Vladimir Nabokovs „Lolita“ noch 1965 mitten in Düsseldorf ein Scheiterhaufen errichtet wurde. Fuld schreibt über die Zensur in der DDR, aber auch über die „Schwarzen Listen“ in der BRD, auf denen Texte landeten, die als „staatsgefährdende Schriften“ verboten und für „kommunistisch“ gehalten wurden.

Obwohl die Liste der verbotenen Bücher auch heute noch immer länger wird, sieht Fuld das Konzept des Bücherverbietens zum Scheitern verurteilt. „Wenn die Diktatoren wirklich die Macht besessen hätten, an die sie so hartnäckig und uneinsichtig glaubten, gäbe es einen beträchtlichen Teil unserer Weltliteratur nicht. Die Machthaber aller Zeiten und Kulturen (...) sind noch immer unfähig zu erkennen, dass Ideen stärker sind als Gesetze.“ Werner Fuld stellt sein Buch heute um 20 Uhr im Literaturforum im Brechthaus vor (20 Uhr, Chausseestraße 125).

Wie fast jedes Jahr fand auch im letzten Herbst und Winter am Literarischen Colloquium die schon legendär gewordene Autorenwerkstatt Prosa statt, bei der auch mal Autoren wie Georg Klein oder Judith Hermann erste Texte zur Diskussion stellten. Neun „vielversprechende Autoren“ aus Deutschland, Österreich und der Schweiz (davon fünf aus Berlin) arbeiteten an mehreren Wochenendseminaren an längeren Manuskripten, aus denen sie am Freitag, den 20.4 , lesen (Am Sandwerder 5, 20 Uhr).

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